St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht über den Wochenpsalm des Sonntags Lätare und für die Zeit vom 14. März bis 20. März 2021

12.03.2021

Andacht über den Wochenpsalm des Sonntags Lätare
und für die Zeit vom 14. März bis 20. März 2021
Verfasser: Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte (Eldagsen)

Redaktionelle Vorbemerkung

Vor genau einem Jahr
hat uns die Covid-19-Pandemie erreicht.
Sie hat das Leben der Kirchengemeinden St. Andreas Springe
und St. Vincenz Altenhagen I stark verändert.
Seit dem Sonntag Lätare 2020
haben wir für die Webseiten
der beiden genannten Kirchengemeinden wöchentlich neu
Andachten in Schriftform eingestellt.
Sie sind wertvoller Zuspruch
und basieren auf dem jeweiligen Wochenspruch.
Ab dem Sonntag Lätare 2021
gibt es eine Umstellung.
Ein erstes Beispiel finden Sie
in der nachstehenden Wochenandacht.
Den biblischen Ausgangspunkt
bildet ab sofort der Wochenpsalm.
Superintendent in Ruhe Christin Klatt,
Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte,
Superintendent in Ruhe Jürgen Flohr
und Pfarrer in Ruhe der EKD Jürgen-Peter Lesch
werden ihn für Sie erschließen
und ihn als geistliche Wegbegleitung
für den jeweiligen Sonntag
und die anschließenden Wochentage
ins Internet stellen.

Wir freuen uns über alle Leserinnen und Leser.
Gott segne und behütete Sie!

Viele Grüße
Ihr Andachtsteam St. Andreas Springe
und St. Vincenz Altenhagen I

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth.
Meine Seele verlangt und sehnt sich
nach den Vorhöfen des Herrn:

mein Leib und Seele freuen sich
in dem lebendigen Gott
.
(Psalm 84, 2 und 3)

 

 

Liebe Leserinnen! Liebe Leser!

Der 84. Psalm ist ein Wallfahrtspsalm,
ein Lied auf dem Weg nach Jerusalem
auf den heiigen Berg Zion,
auf dem der Tempel stand,
ein Lied, das die Pilgergruppen sangen.
Sie waren tagelang unterwegs
auf dem zumeist sehr anstrengenden Weg.
Jerusalem liegt am Ostrand des Judäischen Gebirges.
Der Pilgerweg führte also über Berg und Tal.
Diesen beschwerlichen Weg
nimmt der Psalm auf mit den Worten:
Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten
und von Herzen dir nachwandeln.
Wenn sie durchs dürre Tal ziehen,
wird es ihnen zum Quellgrund,
und Frühregen hüllt es in Segen.
Sie gehen von einer Kraft zur andern
und schauen den wahren Gott in Zion.

(Verse 6 – 8).
Und dann sahen die Pilgerinnen und Pilger
das Ziel vor Augen, den Tempel Gottes.
Das gab ihnen Kraft, weiterzuwandern.
Und sie sangen:
Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth.
Meine Seele verlangt
und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn

(Vers 2).
Der Tempel selbst war für die Pilger tabu.
Es war ein heiliges Haus,
das nur die Priester betreten durften.
Den allerheiligsten Raum im Tempel
durfte nur der Hohepriester betreten,
nur einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag.
Auch der Raum
unmittelbar um das Tempelgebäude herum
mit den Brandaltären war den Priestern vorbehalten.
Das Volk blieb in den Vorhöfen.
Gleichwohl sangen die Pilger:
Ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend
(Vers 11).

Ich liebe die Wohnungen Gottes –
das ist der Grundton dieses Psalms.

Auch wenn der Tempel in Jerusalem nicht mehr steht,
nur noch seine Westmauer, die Klagemauer,
auch wenn wir Christen wissen,
dass Gott seine Gegenwart
nicht nur auf unsere Kirchengebäude beschränkt,
auch dann möchte ich einstimmen
in die Worte des Psalms:
Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth.

Ich denke dabei an Kirchen,
die ich im Lauf meines Lebens kennen
und lieben gelernt habe.
Ich denke an die Kirche
in meiner ersten Kirchengemeinde in der Nähe von Bremen.
Das ist eine Kirche in romanischen Baustil,
nicht sehr hoch,
dafür mit dicken Mauern und kleinen Fenstern.
Eine Kirche, die Schutz bietet bei äußeren Gefahren,
nach der Liedzeile von Martin Luther:
Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth.
Ich denke auch an die Kirche
in meiner zweiten Kirchengemeinde
in der Nähe von Hamburg,
erbaut im neugotischen Stil
mit schmalen, hohen Fenstern,
darüber noch eine Reihe kleinerer Fenster,
die Obergaden, die dafür sorgten,
dass die Kirche insgesamt
von Licht durchflutet war,
und dass das Licht von oben
wie aus dem Himmel kam.
Diese Kirche hat im Hauptschiff
ein sehr hohes Gewölbe.
Zusammen mit den schmalen, hohen Fenstern
richtet sie den Blick nach oben, zum Himmel.
Gleichzeitig scheint das Licht des Himmels
in die Kirche hinein.
Das Licht scheint in der Finsternis.
Gott kommt in unsere Welt.

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth.
Ich denke nicht zuletzt an die Kirche in Altenhagen I,
eine Kirche von beeindruckender Schlichtheit.
Vergeblich suche ich große Gemälde, bunte Fenster
oder kunstvoll gedrechselte Bänke.
Ich liebe diese Kirche wegen ihrer Schlichtheit.
Nichts kann mich ablenken vom Wort Gottes,
davon, dass er mir begegnen will,
keine barocke Pracht und keine Heiligenbilder.
Diese Kirche ist für mich
der Stein gewordene Grundsatz Martin Luthers:
Solus Christus. Christus allein ist der Weg zu Gott.

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth
singen die Pilgerinnen und Pilger
auf ihrer Wanderung zum Tempel,
zur Wohnung Gottes.
Auch die gegenwärtige Passionszeit
ist eine Wanderung.
Das Ziel ist Ostern, die Auferstehung Christi.
Der Sonntag Laetare
markiert in etwa die Hälfte des Pilgerwegs
und will uns ermutigen,
das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Das zeigt sich auch
an den liturgischen Farben in den Gottesdiensten,
an den Farben und Motiven der Antependien,
der Altarbehänge.
Die Passionszeit sieht die Farbe violett vor,
Ostern hat die Farbe weiß.
In früheren Jahrzehnten
fand man in manchen Kirchen
Antependien in der Farbe rosa.
Warum rosa?
Rosa ist eine Mischfarbe aus violett und weiß,
kirchenjahreszeitlich gesehen:
aus Passion und Ostern.
Das ist die Botschaft dieses Sonntags:
Mitten in der Passion blicken wir auf die Erlösung.

Das höre und erlebe ich
in unseren Kirchen und in unseren Gottesdiensten.
Darum: Wie lieb sind mir deine Wohnungen.

 

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche

Wilhelm Niedernolte

 

 
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