St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 6. Juni bis 12. Juni 2021

06.06.2021

Andacht für die Woche vom 6. Juni bis 12. Juni 2021
über den Wochenpsalm des 1. Sonntags nach Trinitatis
Verfasser: Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte (Eldagsen)

Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist.

Wohl dem, der auf ihn trauet!

Psalm 34,9

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir Menschen haben bekanntlich
fünf Sinnesorgane zur Wahrnehmung äußerer Reize:
das Sehen mit den Augen
das Hören mit den Ohren
das Fühlen mit der Haut
das Riechen mit der Nase
das Schmecken mit dem Mund.
     Wer seine fünf Sinne beisammen hat,
kommt meistens recht gut durch sein Leben
und durch diese Welt.
Wie wichtig sie für uns sind,
merken wir nicht erst
im fortgeschrittenen Alter besonders dann,
wenn sie beeinträchtigt sind:

Wenn unsere Sehkraft nachlässt
und wir den Beipackzettel unserer Medikamente
nur noch mit einer Lupe lesen können,
oder wenn wir ohne Hörhilfe
nicht mehr an Gesprächen teilnehmen können.
Und zu den Symptomen der Erkrankung an Covid 19
zählen die Beeinträchtigungen
des Geruchs- und Geschmackssinns.

Solche Beeinträchtigungen
werden vermutlich unterschiedlich empfunden.
Ich persönlich könnte nur schwer damit umgehen,
wenn meine Sehkraft und Sehschärfe
noch weiter nachlassen würde.
Aber auch eine Schwerhörigkeit
kann große Probleme bereiten,
z.B. wenn die Akustik schlecht ist
oder wenn in Gesprächsgruppen
Menschen durcheinander reden.
Die Bedeutung des Geruchs- und Geschmackssinns
wird nach meiner Wahrnehmung häufig unterschätzt.
Natürlich nicht von Köchinnen und Köchen,
auch nicht von Feinschmeckern,
wohl aber von „Grobschmeckern“,
bei denen die Menge der Nahrung
wichtiger ist als die Qualität des Geschmacks.

    Umso überraschter
war ich über den Vers aus dem Psalm 34:

Schmecket und sehet,
wie freundlich der Herr ist.

Wohl dem, der auf ihn trauet!

Gott und seine Freundlichkeit sehen –
darüber gibt es Geschichten in der Bibel.
Gott begleitete sein Volk
auf der Wanderung durch die Wüste
in Gestalt einer Feuersäule und einer Wolke.
Auch vom Hören Gottes lesen wir in der Bibel.
Als Jesus getauft wurde,
sprach eine Stimme vom Himmel herab:
„Dies ist mein lieber Sohn,
an dem ich Wohlgefallen habe“

(Matthäus, 3, 17).
Ebenso vom Fühlen Gottes.
Der Prophet Elia spürte Gott nicht im Orkan,
auch nicht im Erdbeben,
auch nicht im Feuer,
wohl aber in einem stillen, sanften Wind
(1. Könige 19, 11 u. 12).

     Aber Gott schmecken?
Und riechen,
was in unserer Sinneswahrnehmung zusammengehört?
Können wir Gott riechen und schmecken,
unseren Glauben, unsere Kirche?

Wenn man eine katholische Kirche betritt,
empfängt einen der Geruch von Weihrauch.
Für evangelische Christen
manchmal etwas gewöhnungsbedürftig,
aber beeindruckend,
denn wir haben nichts Vergleichbares.
Wir Evangelischen
empfangen das Abendmahl Jesu in beiderlei Gestalt,
in Brot und Wein, anders als in der katholischen Messe,
in der es nur das (symbolische) Brot gibt.
Der Kelch mit dem Wein ist den Priestern vorbehalten.
Weihrauch und Wein –
ist das Geschmack und der Geruch Gottes?

Wenn ich mit dem Fahrrad
rund um meinen Ort
durch die Felder fahre,
rieche ich den blühenden Raps,
das gemähte Gras,
das blühende Korn.
Dann geht es mir gut.
Und ich fühle mich dem Schöpfer nahe.

     Schmecket und sehet,
wie freundlich der Herr ist.

Wohl dem, der auf ihn trauet!

Das will ich weiterhin tun,
nicht nur Augen und Ohren offenhalten für Gott,
sondern auch meine Nase und meine Zunge.
Nicht zu vergessen meine Haut.

Leben und glauben mit allen Sinnen.

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.

 

Wilhelm Niedernolte

 
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