St. Vincenz zu Altenhagen I

Archiv

Andacht für die Woche vom 4.Juli bis 10.Juli 2021

01.07.2021

Andacht für die Woche vom 4.Juli bis 10.Juli 2021
über den Wochenpsalm am 5. Sonntag nach Trinitatis

Ps. 73 in Auswahl
Verfasser:  Dr. Martin Luther
(aus Vorlesungen, Predigten
und Einleitung in das Buch der Psalmen)


Gott ist dennoch Israels Trost
für alle, die reinen Herzens sind.
Ich aber wäre fast gestrauchelt mit meinen Füßen;
mein Tritt wäre beinahe geglitten.
Denn ich ereiferte mich über die Ruhmredigen,
da ich sah, dass es den Frevlern so gut ging.
Sie höhnen und reden böse,
sie reden und lästern hoch her.
Was sie reden, das soll vom Himmel herab geredet sein;
was sie sagen, das soll gelten auf Erden.
Darum läuft ihnen der Pöbel zu
und schlürft ihr Wasser in vollen Zügen.
Dennoch
bleibe ich stets an dir;
denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
du leitest mich nach deinem Rat
und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
Wenn ich nur dich habe,
so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet,
so bist du doch, Gott,
allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

Martin Luther fasst den Psalm 73 im Jahr 1533 wie folgt zusammen:
Der 73. Psalm ist ein Lehrpsalm
wider das große Ärgernis,
dass die Gottlosen,
die reich sind und denen es wohl geht,
der armen und betrübten Heiligen spotten,
als kennte und achte Gott ihrer nicht,
sie aber und ihre heiligen Werke
und was sie lehren und sagen
sei köstlich Ding und ganz himmlisch,
göttliche Weisheit und Heiligkeit.
Das tut denn weh,
und ich muss, spricht er,
ein Narr vor dir sein
d.h. ein gottloser Ketzer und Verächter Gottes heißen.
Dennoch, spricht er, halte fest,
gehe ins Heiligtum,
höre, was Gottes Wort von ihnen sagt,
siehe die alten Exempel in den Historien an,
so wirst du finden,
dass sie plötzlich zunichte werden;
denn es ist unter ihnen
kein Fels noch Grund vorhanden,
sondern nur schlüpfriger Boden.

Aus einer Predigt von Martin Luther über den Psalm 73:
Ich weiß zwar nicht, wie stark andere im Geist sind,
aber so heilig kann ich nicht werden,
auch wenn ich noch so gelehrt
oder voll Geistes wäre,
wie andere es von sich meinen.
Immer noch erlebe ich,
dass wenn ich ohne die Bibel bete,
Christus nicht zu Hause ist.
Auch fehlt es mir an Lust und Geist.
Aber sobald ich mir einen Psalm
oder Spruch aus der Bibel vornehme,
so wird es hell und warm in meinem Herzen,
sodass ich wieder Mut
und Verlangen zum Beten bekomme.
Die Ursache ist diese –
wie jeder selbst erfahren kann:
Unsere Gedanken sind so unsicher,
schlüpfrig und verwirrt,
dass wenn wir ohne Gottes Wort
um etwas Ernsthaftes bitten
oder an Gott denken wollen,
wir unversehens wohl hundert Meilen
von den ersten Gedanken entfernt sind…
Mir geht es oft so,
auch wenn ich mir
die ernstesten und allerbesten Gedanken
vorgenommen habe.
Ein so innerlich zerrissenes Ding
ist das Herz des Menschen.
Es schwebt und wankt,
dass weder Wind noch Wasser
so wechselhaft und unbeständig sind.

Martin Luthers Vorrede auf den Psalter von 1545
Und der Psalter sollte
allein deshalb teuer und lieb sein
dass er von Christi Sterben und Auferstehung
so klar verheißt
und sein Reich und der ganzen Christenheit
Stand und Wesen vorstellt.
Dass es wohl möcht eine kleine Bibel heißen
darin alles auf's schönste und kürzeste
so in der ganzen Bibel steht
gefasst und zu einem feinen Enchiridion
oder Handbuch gemacht und bereitet ist.
Dass mich dünkt
der heilige Geist habe selbst
die Mühe auf sich nehmen
und eine kurze Bibel
und Exempelbuch von der ganzen Christenheit
oder allen Heiligen zusammenbringen wollen.
Auf dass
wer die ganzen Bibel nicht lesen könnte
hierin doch fast die ganze Summa
verfasst hätte in einem kleinen Büchlein…
Das gibt uns aber der Psalter
auf's allerreichlichste an den Heiligen
dass wir gewiss sein können
wie ihr Herz gestanden
und ihre Worte gelautet haben
gegen Gott und jedermann.
Denn ein menschliches Herz
ist wie ein Schiff auf einem wilden Meer
welches die Sturmwinde
von den vier Orten der Welt treiben.
Hier stößt her
Furcht und Sorge vor zukünftigem Unfall.
Dort fährt Grämen her und Traurigkeit
von gegenwärtigem Übel.
Hier webt Hoffnung und Vermessenheit
von zukünftigem Glück.
Dort bläst her Sicherheit und Freude
in gegenwärtigen Gütern.
Solche Sturmwinde aber
lehren mit Ernst reden
und das Herz öffnen
und den Grund herausschütten.
Denn wer in Furcht und Not steckt
redet ganz anders von Unfall
als der in Freuden schwebt.
Und der in Freuden schwebt
redet und singt ganz anders von Freuden
als der in Furcht steckt.
Es geht nicht von Herzen
(spricht man) wenn ein Trauriger lachen
oder ein Fröhlicher weinen soll.
Seines Herzens Grund steht nicht offen
und ist nicht heraus.
Was ist aber das meiste im Psalter
denn solch ernstlich reden
in allerlei solchen Sturmwinden?
Wo findet man feinere Worte von Freuden
als die Lobpsalmen oder Dankpsalmen haben?
Da siehst du allen Heiligen in's Herz
wie in schöne anmutige Gärten
ja wie in den Himmel
Wie feine herzlich erfreuende Blumen
darinnen aufgehen
von allerlei schönen fröhlichen Gedanken
gegen Gott
um seine Wohltat.
     Wiederum
wo findest du tiefere
kläglichere
jämmerlichere Worte von Traurigkeit
als die Klagepsalmen haben?
Da siehst du abermals allen Heiligen ins Herz
wie in den Tod
ja wie in die Hölle.
Wie finster und dunkel ist's da
von allerlei betrübtem Anblick des Zornes Gottes.
Also auch wo sie von Furcht
und Hoffnung reden
gebrauchen sie solche Worte
dass dir kein Maler
so könnte die Furcht oder Hoffnung abmalen
und kein … Redekundiger so vorbilden.
    Und, wie gesagt, ist das das allerbeste
dass sie solche Worte zu Gott und mit Gott reden
welches macht,
dass zwiefältiger Ernst und Leben in den Worten ist.
Denn wo man sonst gegen Menschen
in solchen Sachen redet
geht es nicht so stark von Herzen
brennt
lebt
und dringt nicht so fest.
Daher kommt es auch,
dass der Psalter aller Heiligen Büchlein ist
Und ein jeglicher
in welcherlei Sachen er ist
Psalmen und Worte darinnen findet
die sich auf seine Sachen reimen
und ihm so eben sind
als wären sie allein
um seinetwillen also gesetzt
Dass er sie auch selbst
nicht besser setzen
noch finden kann
noch wünschen mag.

 
Powered by CMSimpleRealBlog
nach oben