St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 7.5. bis 13.5.2023

05.05.2023

Andacht für die Woche
vom 7.5. bis 13.5.2023
über das Evangelium
des Sonntags „Kantate“
Verfasser:
Pfarrer in Ruhe Jürgen-Peter Lesch
(Springe – früher Pfarrer der EKD in Hannover)

Lukas 19,37-40:
„Als Jesus schon nahe
am Abhang des Ölbergs war,
fing die ganze Menge der Jünger an,
mit Freuden Gott zu loben
mit lauter Stimme über alle Taten,
die sie gesehen hatten,
und sprachen:
Gelobt sei, der da kommt, der König,
in dem Namen des Herrn!
Friede sei im Himmel
und Ehre in der Höhe!
Und einige von den Pharisäern
in der Menge sprachen zu ihm:
Meister, weise doch
deine Jünger zurecht!
Er antwortete und sprach:
Ich sage euch:
Wenn diese schweigen werden,
so werden die Steine schreien.“


Liebe Leserin, lieber Leser,
nein, es war keine Gold State Coach
(goldene Staatskutsche),
in der Jesus vom Ölberg herab
durchs Kidrontal nach Jerusalem zog.
Er saß schlicht auf einem Eselsfohlen.
Und er wurde auf seinem Weg
auch nicht von mehr als 4.000 Soldaten
aus dem Vereinigten Königreich
und dem gesamten Commonwealth
und 19 Kapellen und Fahnenträgern begleitet.
Schon gar nicht waren Mitglieder der
Blues and Royals und
Life Guards of the Household Cavalry,
der King's Troop Royal Horse Artillery
und der Irish Guards
mit ihrem Maskottchen Seamus,
dem Irischen Wolfshund, dabei.
     Lukas schildert in seinem Evangelium
den Einzug von Jesus
hinein nach Jerusalem sehr schlicht.
Da gibt es zwar eine Menschenmenge,
doch die schaut wohl schweigend zu,
wie da einer auf einem Eselsfohlen reitet.
Nur die Jüngerinnen und Jünger von Jesus
erheben ihre Stimme und loben Gott.
In ihrem Gesang
steht das Gotteslob an erster Stelle.
Es sind Lob und Dank für all das,
was Jesus in der Vollmacht seines Vaters
getan hat:
Er hat sich zu den Menschen gewendet
und nicht weggeschaut,
wenn sie sich vor ihm verbergen
oder andere sie von Jesus fernhalten wollten.
Jesus hat Kranke geheilt,
Menschen aus ihren Ängsten
und Zwängen befreit
und Tote auferweckt.
Die Jüngerinnen und Jünger
haben gelernt,
dass Jesus dies nicht
aus eigener Kraft getan hat,
sondern in der Vollmacht Gottes,
der ihn gesandt hatte.
Sie loben Gott für die Taten Jesu,
weil Gottes Macht hinter all dem steht.
Am Ende hängt alles von Gott,
seinem Tun und Lassen, ab.
    Diese Einsicht kann uns
einerseits bescheidener machen.
So wie es Luther in seinem Lied sagt:
„Mit unserer Macht ist nichts getan,
wir sind gar bald verloren“.
Sie kann uns andererseits
zuversichtlicher machen.
Wieder wie es Luther sagt:
„Es streit‘ für uns der rechte Mann,
den Gott hat selbst erkoren“.
Wir sind nicht allein,
wir stehen nicht allein,
wir müssen nicht alles bewirken,
es liegt nicht alles auf unseren Schultern.
Das ist kein Grund,
die Hände in den Schoß zu legen.
Vielmehr es dies ein Auftrag,
das zu tun, was wir tun können;
nicht mehr, aber auch nicht weniger.
    Vielleicht gingen dem Mann
in der goldenen Kutsche am Samstag
ähnliche Gedanken durch den Kopf.
Wie soll ich das alles schaffen?
Werde ich das Richtige tun?
Werde ich das Falsche lassen?
Wo soll ich anfangen
und wo darf ich aufhören?
Vielleicht gaben ihm dann
die Worte Zuversicht,
die er hören durfte
„God save the King“ –
„Gott schütze und bewahre den König“!
Möglicherweise wurde
die zweite Strophe gesungen:
„O Herr, unser Gott, steh ihm bei …
auf Dich setzen wir
unsere Hoffnungen!“
    Nach dem Gotteslob
nehmen die Jüngerinnen und Jünger
den Friedensgruß auf,
den die Menge
der himmlischen Heerscharen
bei der Verkündung der Geburt Jesu
den Hirten zugerufen hatte.
Wie die Engel vom Himmel riefen:
„Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden“
,
so stimmen nun die Jüngerinnen
und Jünger in diesen Lobpreis ein
und geben den Friedensgruß
an den Himmel zurück:
 „Friede sei im Himmel
und Ehre in der Höhe“
.
Der über den Erdkreis
ausgerufene Friede,
den Jesus als der Messias
und Retter gebracht hat,
ist in seinen großen
und mächtigen Taten spürbar
und erfahrbar geworden.
Jesus, der König,
kommt im Namen des Herrn.
Die Jüngerinnen und Jünger
nehmen Worte aus dem Psalm 118 auf:
„Gelobt sei, der da kommt
im Namen des Herrn!“

Wir kennen diese Worte,
doch ihre Bedeutung bleibt oft unsicher.
Sie wird klarer,
wenn wir uns an eine Geschichte
aus dem Alten Testament erinnern.
Es ist die Erzählung
vom Kampf Davids gegen Goliath.
Der lästert laut über David.
Doch der antwortet:
„Du kommst zu mir mit Schwert,
Spieß und Sichelschwert,
ich aber komme zu dir
im Namen des Herrn Zebaoth!“

Was diese Waffenungleichheit bedeutet,
muss Goliath schmerzlich erfahren.
Schwert, Spieß und Sichelschwert
nützen ihm nichts.
Der Kampf wird nicht
durch Gewalt entschieden.
Heißt das nicht auch:
Frieden ist mehr
als das Schweigen der Waffen?
Zum Frieden gehört wohl auch
die Rückbesinnung darauf,
dass wir Geschöpfe eines Schöpfers sind,
der uns dazu berufen hat,
einander zu helfen und zu dienen.
    Am Ende des Evangeliumtextes
fordern Pharisäer aus der Menschenmenge
heraus Jesus auf,
seine Leute zurechtzuweisen.
Der Lobgesang auf diesen König
auf einem Eselsfohlen
ist ihnen nicht recht.
Denn ein solcher König
stellt die Legitimation aller Herrscher
in Frage.
Doch Jesus macht ihnen sehr deutlich,
dass der Jubel der Jüngerinnen
und Jünger nicht aufhören wird.
Selbst wenn er
sie dazu bringen würde zu schweigen,
würde der Lobgesang nicht enden.
Selbst wenn alle Menschen
aufhören würden, Gott zu loben,
würde die Schöpfung
weiterhin von seiner Ehre singen.
Selbst die Steine,
die unbelebte Natur,
würden dann noch
den Jubel herausschreien.
Der Lobgesang beim Einzug von Jesus
in Jerusalem wird nicht enden –
auch wenn er den Zuschauenden
auf die Nerven geht.
So soll auch unser Lobgesang nicht enden –
weil die Gute Nachricht über Gottes Wirken
in und durch Jesus Christus kein Ende hat,
sondern jeden Morgen neu ist.

Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser,
wünsche ich,
dass Ihr Gesang nicht verstummt,
sondern sie weiterträgt in der Liebe Gottes –
an Feiertagen ebenso wie im Alltag.
Ihr Jürgen-Peter Lesch

 
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