St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 4. Dezember bis 10. Dezember 2022

03.12.2022

Andacht für die Woche
vom 4. Dezember bis 10. Dezember 2022
über die Wochenlied für den 2. Advent
„ O Heiland, reiß die Himmel auf“ (EG 7)
Verfasser: Superintendent in Ruhe
Jürgen Flohr (Springe – früher Syke)


  1. O Heiland, reiß die Himmel auf,
    herab, herab vom Himmel lauf,
    reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
    reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

  2. O Gott, ein' Tau vom Himmel gieß,
    im Tau herab, o Heiland, fließ.
    Ihr Wolken, brecht und regnet aus
    den König über Jakobs Haus.

  3. O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd,
    dass Berg und Tal grün alles werd.
    O Erd, herfür dies Blümlein bring,
    o Heiland, aus der Erden spring.

  4. Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,
    darauf sie all ihr Hoffnung stellt?
    O komm, ach komm vom höchsten Saal,
    komm, tröst uns hier im Jammertal.

  5. O klare Sonn, du schöner Stern,
    dich wollten wir anschauen gern;
    o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein
    in Finsternis wir alle sein.

  6. Hier leiden wir die größte Not,
    vor Augen steht der ewig Tod.
    Ach komm, führ uns mit starker Hand
    vom Elend zu dem Vaterland.

  7. Da wollen wir all danken dir,
    unserm Erlöser, für und für;
    da wollen wir all loben dich
    zu aller Zeit und ewiglich.


Liebe Lesende,

Das Lied stammt von Friedrich Spee.
Er hat von 1591 bis 1635 gelebt,
war Jesuit, Seelsorger und Prediger
sowie Professor für katholische Moraltheologie
in Paderborn, Köln und Trier.
Spee bekämpfte mutig das Unwesen
der damals üblichen Hexenprozesse
und hat mit seinen geistlichen Liedern
nachhaltig gewirkt.

    Unser Lied ist wie ein Gebet formuliert
und wendet sich in 7 kurzen Strophen
an den Heiland Jesus Christus,
den Gott gesandt hat
und doch bitte wieder senden möge.
    Die 1. Strophe setzt ein
mit einer Aufforderung an den Heiland,
er möge den Himmel aufreißen
und zu uns herabkommen,
um so Gottes Welt für uns Menschen
zu öffnen.
    In der 2. Strophe bittet der Dichter Gott,
er solle den Heiland
wie einen Tau
 über uns Menschen ausgießen, -
wie einen Regen,
der den König
zum Volk Israel (Jakobs Haus) bringt.
    Mit der 3. Strophe wendet sich der Autor
an die Erde, auf der wir alle leben
und bittet sie, grün und blühend zu werden,
so dass sie den Heiland hervorbringen kann,
dass er aus der Erde herausspringen kann.
Damit erfindet Spee
ein sehr ungewöhnliches,
aber eindrucksvolles Bild,
das uns heutzutage
vielleicht besonders einleuchtet;
denn es bringt unseren christlichen Glauben
zusammen mit unserem Angewiesensein
auf die uns umgebende Natur,
in und von der wir alle leben.

     Die 4. Strophe fragt nach dem Trost
der ganzen Welt für uns alle,
die wir unsere Erde immer wieder einmal
als wahres Jammertal erleben.
Das können wir auch heute gut nachfühlen,
wo wir von Krieg, Pandemie,
wirtschaftlichen Sorgen
und dem drohenden Klimawandel
gebeutelt sind.
In solcher Lage erhoffen wir
mit Friedrich Spee Trost
und Hilfe vom Himmel.
    Die 5. Strophe bezeichnet
den Heiland als klare Sonne,
die unser Leben und das aller Menschen
hell machen kann und soll.
Ohne das Licht dieser Sonne
umgibt uns alle Finsternis,
die sich zeigt in Kriegen,
Krankheiten und Naturzerstörung.
    Die 6. Strophe kennzeichnet
das Gegenteil der Erlösung,
ein Leben in Angst und Not
unter der Drohung
des ewigen Todes als Ende.
Daher folgt die Bitte an den Heiland,
er möge uns aus dem hiesigen Elend
ins himmlische Vaterland führen,
in ein „Land“,
in dem Leid, Angst und Tod
ein Ende haben.
    Die 7. und letzte Strophe
erhebt sich zu Dank und Lob
gegenüber dem Erlöser
und zur Hoffnung
auf die ewige Gemeinschaft mit ihm.

    Man merkt dem Lied an,
dass es in einer
von vielen großen Übeln
geprägten Zeit entstanden ist,
als nämlich der furchtbare dreißigjährige Krieg
unser Land verwüstet hat.
Wir hören an vielen Stellen des Liedes heraus,
wie trostlos und erlösungsbedürftig
sich die Menschen damals gefühlt haben
und wie sehr sie auf Hilfe
und Heilung gewartet haben.
    Die Bitten und Erwartungen,
die der Dichter formuliert hat,
können wir sowohl
auf Jesu Kommen
und auf sein Leben und Wirken
im Israel des 1. Jahrhunderts beziehen
als auch auf die erwartete Wiederkehr Christi
am Ende der Tage.
Auch der Autor selber
scheint mir beides im Sinn zu haben,
wenn er einerseits in Strophe 3
 davon schreibt,
dass die Erde den Heiland
wie eine Blume hervorbringen solle
und er uns andererseits
in Strophe 6
„mit starker Hand vom Elend
zu dem Vaterland führen“ soll.
   So möchte ich mit diesem Lied
auch beides besingen:
Einmal Jesu Ankunft in unserer Welt
als Kind in der Krippe zu Bethlehem
sowie seinen Weg
als Prediger und Heilbringer
durch das Israel
des Herodes und des Pilatus
bis hin ans Kreuz auf Golgatha. 
Und dann möchte ich
auch von der Hoffnung singen,
dass Gott und der auferstandene Christus
uns in unserem heutigen Leben begleiten
und leiten können
und dass wir am Ende
in das „Land“ unseres himmlischen Vaters
eingehen können,
in dem wir bei Gott gut aufgehoben sind
und „in dem Er Alles in Allem sein wird“,
wie es Paulus in 1. Korinther 15,28 ausdrückt.


Jürgen Flohr 

 
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