St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 29.Oktober bis 4.November 2023

29.10.2023

Andacht für die Woche
vom 29.Oktober bis 4.November 2023

über das Evangelium
des 21. Sonntag nach Trinitatis
„Vom Vergelten und von der Feindesliebe“
(Evangelium des Matthäus 5,38-48)

Verfasser:
Superintendent in Ruhe Christian Klatt
(Springe)

„Auge um Auge, Zahn um Zahn”
das Sonntagsevangelium
aus der Bergpredigt Jesu beginnt mit
diesem Rechtssatz aus alter Zeit,
der in unserem Sprachgebrauch
immer noch sehr präsent ist.
Als am 7. Oktober
der barbarische Überfall der Hamas
auf jüdische Siedlungen stattgefunden hatte,
kündete der Verteidigungsminister Israels
einen vernichtenden Gegenschlag an,
der diese Terrormiliz
ein für alle Mal auslöschen sollte -
eine verständliche Reaktion der Vergeltung.
Doch seitdem dreht sich
die Spirale der Gewalt weiter,
der auf beiden Seiten
viele unschuldige Zivilisten zum Opfer fallen.
„Auge um Auge, Zahn um Zahn?“
Auch „Leben um Leben“
gehörte in diese alte Reihe!
 „Wo soll das enden?“
titelte die ZEIT vor wenigen Tagen.

    Jesus hält mit einem deutlichen
„Aber“ dagegen:
„Ich aber sage euch,
dass ihr nicht widerstreben
sollt dem Bösen.“
Und er unterstreicht das
mit drei Beispielen aus dem Alltag,
die schon für sich
 eine ziemliche Zumutung darstellen.
Erst recht, wenn man das
auf das öffentliche Leben
in Staat und Gesellschaft überträgt.
Da muss doch das Böse
deutlich in die Schranken
gewiesen werden!
Mit Recht und Gesetz und,
wenn nötig, auch mit Gewalt.
Und doch wissen wir aus Erfahrung,
dass der Keim des Bösen
letztlich nur mit tapferer Geduld
und entschlossenem Vertrauen
erstickt werden kann.
Darauf zielen die Worte Jesu ab:
dass wir dem Bösen,
soweit es an uns liegt,
keinen Raum geben.
Oder mit den Worten
des Apostels Paulus:
„Lass dich nicht
vom Bösen überwinden,
sondern überwinde das Böse
mit Gutem.“
Im konkreten Alltag des Lebens
gewiss immer wieder
eine ziemliche Herausforderung!

    Noch ein zweites Mal fordert Jesus
uns mit einem deutlichen „Aber“ heraus:
„Ihr habt gehört,
dass gesagt ist:
Du sollst deinen Nächsten lieben
und deinen Feind hassen.
Ich aber sage euch:
Liebt eure Feinde
und bittet für die,
die euch verfolgen.“
Die Feinde lieben?
Will man das den Israelis
nach diesen dramatischen Anschlägen
vorhalten?
Kann man es von den Terroristen
überhaupt erwarten?
Und wie steht es mit uns?
Jesus kritisiert,
dass wir in der Regel
nur die lieben und nur
mit denen freundlich umgehen,
die uns ihrerseits Gutes tun,
die zu uns gehören,
die uns sympathisch sind.
Aber, so sagt er,
das ist doch nichts Besonderes!
So verhalten sich doch alle,

auch die, die von Gott nichts wissen.
Gott aber geht mit euch Menschen
ganz anders um:
„Euer Vater im Himmel
lässt seine Sonne aufgehen
über Böse und Gute
und lässt regnen
über Gerechte und Ungerechte.“
Diese Weitherzigkeit Gottes
ist für Jesus das Leitbild
für unseren Umgang untereinander,
auch mit denen,
die es uns schwer machen.

    Und so schließt
dieses Sonntagsevangelium
mit der Mahnung:
 „Darum sollt ihr
vollkommen sein,
wie euer himmlischer Vater
vollkommen ist.“
Das klingt sehr anspruchsvoll.
Denn in Wirklichkeit ist ja niemand
von uns ohne Fehl und Tadel.
Vollkommenheit ist
im biblischen Sprachgebrauch
aber keine moralische Kategorie,
sondern ein Wort
für eine ganzheitliche,
ungeteilte Beziehung.
Der Evangelist Lukas
spricht an dieser Stelle
von Barmherzigkeit:
„Seid barmherzig,
wie auch euer Vater
barmherzig ist.“
Das Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit
und ein barmherziger Umgang
mit unseren Mitmenschen –
das will Jesus uns ans Herz legen.
So könnte ein Weg
zum Frieden in der Welt beginnen.
Die konkreten Schritte,
Verhandlungen und Entscheidungen
sind dann noch schwierig genug,
aber nicht ohne Hoffnung.


Bleiben Sie behütet
und zuversichtlich
in diesen dunklen Zeiten! 

Ihr Christian Klatt

 
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