St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 24.September bis 30.September 2023

24.09.2023

Andacht für die Woche
vom 24.September bis 30.September 2023

über das Evangelium
des 16. Sonntag nach Trinitatis
„Die Auferweckung des Lazarus“
(Evangelium des Johannes 11,1-45)

Verfasser:
Superintendent in Ruhe Christian Klatt
(Springe)

„Die Auferweckung des Lazarus“
ist eine der erstaunlichsten Geschichten
im Neuen Testament.
Lazarus liegt im Sterben.
Seine Schwestern Martha und Maria
schicken nach Jesus in der Hoffnung,
dass er ihrem Bruder noch helfen könne.
Jesus, obwohl nicht weit
von ihrem Dorf entfernt,
zögert sein Kommen
unbegreiflicherweise hinaus.
Als er schließlich ankommt,
ist Lazarus schon seit vier Tagen tot
und längst begraben.
Aber Jesus lässt sich
zur Grabhöhle führen.
Als er die Begleiter auffordert,
das Grab zu öffnen,
ist Martha entsetzt,
weil ja der Prozess der Verwesung
schon im Gange ist.
„Herr, er stinkt schon!“
ruft sie aus.
Jesus aber hebt
die Augen zum Himmel,
spricht ein Gebet zu Gott
und ruft dann „mit lauter Stimme“:
„Lazarus, komm heraus!“
Und tatsächlich:
„Der Verstorbene kam heraus“,
noch mit den Leichentüchern umhüllt,
die Jesus ihm dann abnehmen lässt.
Der Evangelist Johannes
(nur er erzählt diese Geschichte)
beendet seinen Bericht mit den Worten:
„Viele von denen,
die sahen, was Jesus tat,
glaubten an ihn.“

    Das fällt uns, zugegebenermaßen,
in diesem Falle schwer.
Wir sind damals nicht dabei gewesen.
Zu unglaublich klingt das,
was uns da berichtet wird.

    Doch die Frage nach dem Glauben
stellt sich in diesem Evangelium
nicht erst am Schluss, sondern schon,
bevor das Wunder geschehen ist.
Als Jesus ins Dorf kommt,
geht Martha ihm entgegen
und spricht ihn
sogleich mit traurigen
und vorwurfsvollen Worten an:
„Herr, wärst du hier gewesen,
mein Bruder wäre nicht gestorben.
(Dieselben Worte
wenig später von Maria.)
Jesus aber sagt:
„Dein Bruder wird auferstehen.“
Darauf Martha:
„Ja, ich weiß, am Jüngsten Tage.“
Das ist noch lange hin.
Kann diese Hoffnung
auf eine ferne Zukunft ein Trost
in der gegenwärtigen Trauer sein?

    Jesus aber will
ihr jetzt Trost zusprechen und sagt:
„Ich bin die Auferstehung
und das Leben.
Wer an mich glaubt,
der wird leben,
ob er gleich stürbe.“
Ich stelle mir vor,
dass Jesus die Martha
mit diesen Worten
gleichsam in die Arme nimmt:
„Ich bin doch da!
Ich bin bei dir!
Ich verstehe deine Trauer
und deinen Schmerz.
Aber ich sage dir
und deinem Bruder das Leben zu.
Das Leben, das nicht
mit dem Tod endet,
sondern in Gottes Hand bleibt
in alle Ewigkeit.“
Martha hat das offenbar verstanden.
Lazarus liegt noch im Grabe,
aber Jesus ist da,
der von Gott gesandte Herr des Lebens.
Diese Gewissheit tröstet sie:
„Ja, Herr, ich glaube,
dass du der Christus bist,
der Sohn Gottes,
der in die Welt kommt.“

    Zu diesem Glauben will uns
das Sonntagsevangelium rufen.
Es weist uns hin auf den, der durch
seine Auferstehung zu Ostern
selber dem Tode
die Macht genommen hat.
Die Auferweckung des Lazarus
ist nicht ein sensationelles Wunder,
das wir bestaunen sollen,
sondern ein „Zeichen“
(so nennt es
der Evangelist Johannes),
ein Zeichen für die Vollmacht Jesu,
dem auch wir vertrauen können.
Dass einer aus dem Grab
wieder herauskommt,
haben wir nicht erlebt
und werden es auch nicht erleben.
Ob das für Lazarus
damals ein Glück war,
wird nicht berichtet.
Über kurz oder lang
ist er ja wieder,
und diesmal endgültig, gestorben.
Und auch uns allen
steht das noch bevor.

    Ja, es ist eine Welt des Todes,
in der wir leben.
Sofern Krieg, Hunger
und Katastrophen die Ursachen sind,
dürfen wir uns damit nicht abfinden.
Denn Gott hat das Leben geschenkt,
damit wir es schützen
und bewahren, solange
und soweit wir es können.
Aber am Ende dürfen wir
im Vertrauen auf Jesus
mit dem Wochenlied (EG 115, 6)
singen und bekennen:

Jesus lebt! Nun ist der Tod
mir der Eingang in das Leben.


Ihr Christian Klatt

 
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