St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 23. Juli bis 29. Juli 2023

22.07.2023

Andacht für die Woche
vom 23. Juli bis 29. Juli 2023
über das Evangelium
des 7. Sonntags nach Trinitatis
Verfasser:
Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte
(Eldagsen)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          


Liebe Leserin lieber Leser,

in Johannes 6, 35 lesen wir:

Jesus sprach:
Ich bin das Brot des Lebens.
Wer zu mir kommt,
den wird nicht hungern;
und wer an mich glaubt,
den wird nie mehr dürsten.


Brot ist unser
wichtigstes Grundnahrungsmittel.
Wir Deutschen sind wahrscheinlich
sogar Weltmeister im Brotbacken
und im Brotverzehr.
Bei uns gibt es mindestens 300 Brotsorten,
wahrscheinlich noch viel mehr.
Wir lieben Lebensmittel,
und ganz besonders lieben wir unser Brot.

    Brot spielt auch in der Bibel
eine große Rolle.
Jesus sagt:
Ich bin das Brot des Lebens.
Spielt dieses Brot
auch in unserem Glauben eine Rolle?
Ich bin wie das Brot des Lebens,
das euch nachhaltig sättigt.
Es gibt viele verschiedene Brotsorten.
Es gibt viele verschiedene Lebenswege.
Und es gibt verschiedene Arten,
an Jesus zu glauben.
Die Art, wie ein Mensch glaubt,
mit welchen Bildern
er sich Gott vorstellt,
wie er oder sie
seinen oder ihren Glauben lebt,
hat zu tun mit dem,
was er auch sonst glaubt, hofft, liebt.

    Ich vermute, das Brot,
das es bei uns schon am längsten gibt,
ist das Gersterbrot, ein  Roggenmischbrot.
In meiner Kindheit gab es
sogar reines Roggenbrot.
Das Roggenmischbrot schmeckt solide,
vielleicht ein bisschen langweilig.
Man wird davon gut satt.
Keine Geschmacksexplosion,
aber ganz okay.
Zuverlässig eben wie seit Jahrzehnten.
So ähnlich schmeckt auch
der Glaube mancher Christen.
Ich kenne solche Roggenmischbrot – Christen.
Vielleicht gehöre ich manchmal auch zu ihnen.
Sie haben sich ihren Kinderglauben bewahrt. 
Gott ist für sie der Schöpfer,
der die Welt weise geordnet hat.
Diese Ordnung hat ihren Sinn,
sie hat sich bewährt.
Man soll sie nicht ändern.
Roggenmischbrot-Christen
lieben den traditionellen Gottesdienst
ohne Schnickschnack,
sie lieben die Choräle von
Paul Gerhardt.
Befiehl du deine Wege … haben sie
vor 60 Jahren gelernt
und singen es noch heute, und zwar gern.
Die Predigt soll nicht zu kompliziert sein,
soll sie in ihrem Glauben bestätigen
und Nahrung für die kommende Woche sein
und ihre Seele satt machen.
Jesus sagt diesen Roggenmischbrot – Christen:
Das ist völlig in Ordnung.
Du musst dich dafür nicht rechtfertigen.
Ich bin das Brot für dein Leben.
Und du hast recht:
ich bin der gute Hirte, früher und heute.
Ich bin für dich wie ein Roggenmischbrot.

    Daneben gibt es Menschen, Christen,
die den Genuss lieben.
Nichts ist schlimmer für sie
als die tägliche Langeweile.
Sie trinken nicht nur einfach Wein,
sondern ihren Lieblingswein
eines bestimmten Jahrgangs
aus einer Gegend,
in der sie schon Urlaub gemacht haben,
und dessen Winzer
sie persönlich kennen.
Sie essen auch nicht nur einfach Brot,
sondern sie kaufen es
bei einem Biobäcker
in einem 20 km entfernten Ort.
Der macht so wunderbare Müslibrötchen,
„so etwas hast du noch nicht gegessen“.
Sie genießen ihr Leben in einer Weise,
dass man neidisch werden kann. 
In die Kirche gehen sie nur,
wenn sie etwas Schönes erleben wollen,
ein Konzert z.B.
Gottesdienste besuchen sie eher nicht,
das ist ja doch immer dasselbe,
und das mögen sie nicht.
Überhaupt mögen sie es nicht,
wenn es traurig wird,
wie die Gottesdienste am Karfreitag.
Zu Beerdigungen gehen sie nur

im äußersten Notfall.
Müslibrötchen-Christen.
Sie genießen ihr Leben und ihren Glauben.
Ich nenne sie so mit allem Respekt.
Denn Müslibrötchen sind wunderbar,
wohlschmeckend für Leib und Seele.
Und sie haben recht damit:
unser Leben ist doch auch schön.
Oft scheint doch auch die Sonne.
Jesus sagt zu ihnen:
Du bist völlig okay.
Ich bin wie ein Müslibrötchen deines Lebens.

    Schließlich und nicht zuletzt
gibt es Menschen, Christen,
die weder Roggenmischbrot
noch Müslibrötchen essen,
 sondern Brot und Brötchen
von gestern und vorgestern,
weil sie sich das frische Brot
nicht leisten können oder leisten wollen.
Brötchen von gestern
sind oft zäh oder trocken.
Warum essen sie Brot von gestern?
Sie müssen ihre finanziellen Mittel
sehr gut kalkulieren,
die Trockenbrot - Christen.
Und irgendwie kommen sie
auch über die Runden.
Sie sind berechtigt,
bei der Tafel einzukaufen,
was ihr Leben erleichtert,
manchmal aber auch unangenehm ist.
Urlaub ist für sie kein Thema.
Dafür reicht das Geld nicht.
Höchstens für eine Dauerkarte im Freibad.
Kirche ist für sie auch kein Thema.
Die kann ihnen auch nicht helfen,
meinen sie.
Immerhin durfte der Sohn
umsonst mit zur Konfirmandenfreizeit.
Gerade zu diesen Trockenbrot – Christen
sagt Jesus:
Ich bin das Brot des Lebens.
Ich bin das Brot für dein Leben.
Kommt her zu mir alle,
die ihr mühselig und beladen seid,
ich will euch erquicken.
Bei mir seid ihr hoch angesehen.
Ich habe Respekt vor euch,
davor, wie ihr mit eurer Situation umgeht.
Ich möchte, dass ihr eure Würde
nicht verliert, gerade bei knappem Budget.

    Jesus, das Brot des Lebens,
das Roggenmischbrot,
das Müslibrötchen,
das Trockenbrot.

Ist damit alles in Ordnung?
Soll das immer so bleiben?
Muss der mit dem trockenen Brot
sein Leben lang trockenes Brot essen?
Sie kennen den Satz:
Jesus nimmt jeden so an, wie er ist.
Er gibt ihm das, was er zum Leben braucht.
Das ist bei verschiedenen Menschen
sehr unterschiedlich.
Entscheidend ist,
dass sie an ihn glauben
und von ihm ihr Lebensbrot beziehen.
Jesus nimmt jeden so an,
wie er ist.
Das ist eine Wahrheit des Glaubens,
aber nur die halbe Wahrheit.
Der zweite Teil der Glaubenswahrheit lautet:
Er lässt keinen so, wie er ist.
Er erwartet vielmehr von uns,
dass wir uns an seinem Vorbild orientieren,
kurzfristig, mittelfristig oder langfristig.
Und das bedeutet für sein Bild vom Brot:
Wer zu ihm kommt und bei ihm bleibt,
muss nicht und darf vielleicht auch gar nicht
sein Leben lang
immer dieselbe Brotsorte essen,
sondern darf und soll auch
anderes Brot probieren.
Der mit dem Roggenmischbrot
kann erkennen:
Vielleicht sollte ich mal
ein Müslibrötchen probieren,
etwas flexibler werden
in der Wahrnehmung anderer Menschen,
anderer Christen.
Vielleicht wäre das
ein Zugewinn an Lebensqualität,
an Freiheit von meinen Grenzen.
Und der mit dem Müslibrötchen
könnte das trockene Brot probieren
und erkennen:
Es gibt auch das Unangenehme,
das Belastende, das Traurige,
nicht nur meine Leichtigkeit
und den Genuss.
Das könnte meiner Leichtigkeit
mehr Bodenhaftung verleihen.

    Liebe Gemeinde,
wenn ich zum Bäcker gehe
oder in den Backshop,
habe ich die Auswahl
zwischen fünf oder sieben Brotsorten.
Ich finde da meine Lieblingssorte,
die ich immer essen werde,
aber auch andere Sorten,
die mich neugierig machen.
Wenn ich in unsere Kirchengemeinden sehe,
entdecke ich noch mehr Sorten von Christen,
Menschen, die nach meinem Geschmack sind,
aber auch andere.
Das finde ich gut.
Uns alle verbindet das Wort Jesu:
Ich bin das Brot des Lebens.
Ich bin das Brot für dein Leben.
So soll es bleiben.

 

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit

Wilhelm Niedernolte, Eldagsen

 
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