St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 19.Juni bis 25.Juni 2022

18.06.2022

Andacht für die Woche
vom 19.Juni bis 25.Juni 2022
über die Wochenlied für den 1. Sonntag nach Trinitatis
„Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“ (EG 382)
Verfasser: Superintendent in Ruhe
Jürgen Flohr ((Springe – früher Syke)


1. Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr,

fremd wie dein Name sind mir deine Wege.

Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott,

mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen?

Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt?

Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.



  1. Von Zweifeln ist mein Leben übermannt,

mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.

Hast du mit Namen mich in deine Hand,

in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben?

Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land?

Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen?

 

  1. Sprich du das Wort, das tröstet und befreit

und das mich führt in deinen großen Frieden.

Schließ auf das Land, das keine Grenzen kennt,

und lass mich unter deinen Kindern leben.

Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst.

Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.

 

Liebe Lesende,

eins der Lieder für diese Woche
(die Nr. 382 in unserem Evangelischen Gesangbuch)

stammt von Lothar Zenetti,
der 1926 in Frankfurt/Main geboren wurde.
Als katholischer Priester
war er z.B. Stadtjugendpfarrer in Frankfurt
und später Dekan;
seit 1982 katholischer Beauftragter
für den Hörfunk im HR.

Er schrieb zahlreiche Bücher und Liedtexte,
die direkt in unsere Zeit und Welt sprechen.

       Auch unser Wochenlied
hat gleich an seinem Beginn in der 1. Strophe
die Lage von uns Menschen
gegenüber Gott vor Augen
(Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr)
und schildert dann einerseits
die Fremdheit zwischen Gott und uns Menschen;
andererseits stellt der Dichter fest,
dass wir Menschen
immer schon nach Gott rufen,

weil wir den Tod vor Augen haben
und uns doch nach Gottes Segen sehnen.

       Am Schluss der 1. Strophe
steht die Frage
nach einer Zukunft mit Gott
und die Bitte
um eine glaubende Beziehung zu Gott.

       In der 2. Strophe
singt Zenetti von den Zweifeln,
die ihn umtreiben
und von dem Gefühl
seines Unvermögens.
Er fragt Gott,
ob er nicht bei Ihm
fest aufgehoben sein kann,
ob nicht doch Gottes gelobtes Land
auf ihn wartet
und eine neue Begegnung mit Gott.

        Die 3. Strophe
schließlich geht zur direkten Anrede über
und bittet Gott um Trost,
Befreiung und um seinen Frieden, -
um ein Leben
in Gottes grenzenlosem Land
zusammen mit anderen Kindern Gottes.
Die Schlussbitte
(Sei du mein täglich Brot,
so wahr du lebst)
erinnert an das Vater-Unser,
und am Ende stellt der Autor fest,
dass im Gebet
Mensch und Gott sich begegnen
und so eng zusammenkommen
wie ich und mein Atem.

      Das Lied nimmt uns mit
in eine Bewegung, die beginnt
mit den eigenen leeren Händen am Anfang;
dann spricht sie die Fremdheit
zwischen Gott und den Menschen an
und dass wir den eigenen Tod
vor Augen haben.
Am Ende dieser inneren Bewegung
steht die Frage nach Gottes Segen
und die Bitte um den Glauben.

Dabei treten Zweifel und Unsicherheiten auf;
der Dichter fragt nach Gottes Erbarmen
und bittet um Einlass in Gottes gelobtes Land.

In der Schlussstrophe
erwartet er von Gott
das befreiende und tröstende Wort,
das in den „großen Frieden“ führt
und in das Land der Kinder Gottes.

Am Ende spricht Zenetti aus,
dass er Gott so nötig braucht
wie das tägliche Brot
und dass er ihm im Gebet
so nahe kommt wie der eigene Atem.

     Wenn wir diese Lied mitsingen,
so stellt sich die Frage,
ob wir uns auch selber einlassen
auf Zenettis Gedanken und Gefühle,
ob wir auch empfinden,
dass wir gegenüber Gott
nichts vorzuweisen haben
an angeblichen Verdiensten.
Vielmehr fragen wir uns vielleicht,
wer dieser gleichzeitig
ferne und nahe Gott
für uns ist oder sein könnte?

Wie sieht es bei uns aus
mit dem, was wir hoffen?
Woran zweifeln wir,
und was ist uns gewiss im Glauben?
Sind auch wir bereit und entschlossen,
Gott um sein Erbarmen
und um seinen Trost zu bitten?
Versuchen wir,
ihm nahe zu kommen im Gebet,
und ist er für uns so wichtig
wie das tägliche Brot?

     Solche Fragen stellen sich in
und mit diesem Lied
und wollen beantwortet werden.

Lassen wir uns darauf ein?
Dann kann es für uns
ein hilfreiches Lied werden
und kann uns manchen neuen Weg öffnen.

Jürgen Flohr  

 
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