St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 18.2.2024 bis 24.2.2024

17.02.2024

Andacht für den Sonntag Invokavit
und die neue Woche vom 18.2.2024 bis 24.2.2024 
über das Evangelium aus Matthäus 4,1-11
„Versuchung Jesu“

Verfasser:
Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte
(Eldagsen)
    

Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt,
damit er von dem Teufel versucht würde.
Und da er vierzig Tage
und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.
Und der Versucher trat herzu
und sprach zu ihm:
Bist du Gottes Sohn, so sprich,
dass diese Steine Brot werden.
Er aber antwortete und sprach:
Es steht geschrieben
(5. Mose 8,3):
„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,
sondern von einem jeden Wort,
das aus dem Mund Gottes geht.“
Da führte ihn der Teufel mit sich
in die heilige Stadt und stellte ihn
auf die Zinne des Tempels
und sprach zu ihm:
Bist du Gottes Sohn,
so wirf dich hinab;
denn es steht geschrieben
(Ps 91,11-12):
„Er wird seinen Engeln
für dich Befehl geben;
und sie werden dich
auf den Händen tragen,
damit du deinen Fuß
nicht an einen Stein stößt.“
Da sprach Jesus zu ihm:
Wiederum steht auch geschrieben
(5. Mose 6,16):
„Du sollst den Herrn,
deinen Gott, nicht versuchen.“
Wiederum führte ihn der Teufel mit sich
auf einen sehr hohen Berg
und zeigte ihm alle Reiche der Welt
und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm:
Das alles will ich dir geben,
wenn du niederfällst und mich anbetest.
 Da sprach Jesus zu ihm:
Weg mit dir, Satan!
Denn es steht geschrieben
(5. Mose 6,13):
„Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott,
und ihm allein dienen.“
Da verließ ihn der Teufel.
Und siehe, da traten Engel herzu
und dienten ihm.

Liebe Leserin, lieber Leser,
Jesus wird in die Wüste geführt und fastet.
Fasten ist eine kleine Wüstenstrecke,
der freiwillige Verzicht
auf etwas Entbehrliches.
Sein Fasten brachte ihm –
wie auch noch heute den Menschen,
die fasten –
eine Entlastung des Körpers,
eine Öffnung der Seele
und eine Leichtigkeit des Geistes.
Frage: Wird durch Fasten
das Leben besser oder angenehmer?
Antwort: Nicht unbedingt.
Die Seele öffnet sich
nicht nur für himmlische
und segensreiche Einflüsse,
sondern ist auch offen für das Gegenteil.
Fasten kann auch
die kritische Wahrnehmung
der Welt verringern,
kann Versuchungen bringen,
die am Ende mehr schaden als nützen.
    Da trat der Versucher an Jesus heran,
nachdem er vierzig Tage lang
in der Wüste gelebt und gefastet hatte,
und sprach: Bist du Gottes Sohn,
so sprich, dass diese Steine Brot werden.
Welche Versuchung ist das?
Das ist die Versuchung
der Maßlosigkeit, der Gier.
Je mehr er hat,
je mehr er will,
nie schweigen seine Sorgen still.
Wir haben in den letzten Jahren erlebt,
wozu Gier und Maßlosigkeit
führen können.
Menschen wie du und ich
bringen das Geld,
was sie im Moment nicht brauchen,
auf die Sparkasse
und sind zufrieden mit geringen Zinsen.
Andere haben allen Ernstes geglaubt,
es gäbe Aktien,
die brächten 25% Rendite in einem Jahr.
In ihrer Gier nach so hoher Rendite
haben viele übersehen,
dass auch das Risiko deutlich höher ist.
Auch die Gier setzt
die kritische Wahrnehmung der Realität herab.
Aus Steinen Brot machen,
aus Aktien zweistellige Renditen erzielen –
das ist eine große Versuchung,
die Versuchung der Gier.
Jesus widersteht dieser Versuchung,
indem er das Gesetz des Mose zitiert:
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,
sondern von einem jeden Wort,
das aus dem Mund Gottes geht
.
Brot ist wichtig zum Leben,
Aktien sind wichtig zum Geldkreislauf,
aber sie sind nur Mittel zum Leben,
sie sind nicht das Leben selbst.
Das Leben kommt von Gott,
aus seinem Mund.
Er hat die Welt durch sein Wort erschaffen,
als er sagte: Es werde!
Davon leben wir zu allererst.
Erst danach kommt das Brot.
    Zweite Versuchung. Der Teufel sagt:
Bist du Gottes Sohn, so stürz dich herab
von der höchsten Stelle
des Tempels in Jerusalem.
Dir kann ja nichts passieren,
denn Gottes Engel werden dich auffangen,
wie es im 91. Psalm heißt.
Hier treffen wir
auf die Versuchung der Unverletzlichkeit.
Solche Versuchung kenne ich auch,
dass ich mir in meiner Phantasie vorstelle:
Mir kann keiner etwas anhaben.
Und wenn mir einer dumm kommt,
dann werde ich es ihm schon zeigen.
Eine große Versuchung:
Unverletzlich sein zu wollen.
Bei uns hat sich diese Versuchung
in eine schöne Maske gegeben:
Die Maske der Gesundheit.
Die Versuchung lautet: Ich lebe gesund,
damit mir Krankheiten
nichts anhaben können.
Der Versucher will uns glauben machen:
Ernähre dich gesund,
treibe Sport,
nimm die richtigen Medikamente –
am besten die teuren Medikamente
von unserer Firma –
dann kann dir
keine Krankheit etwas anhaben,
dann wirst du quasi unverletzlich.
Dass die Politik in unserem Land
die Kosten für das Gesundheitswesen

nicht in den Griff bekommt,
hat auch damit zu tun,
dass wir der Versuchung erliegen,
unverletzlich sein zu wollen,
alle Medikamente
und alle ärztlichen Leistungen
jederzeit zur Verfügung haben zu wollen,
was sehr aufwändig und auch teuer ist.
Dabei wissen wir genau: 
Wir sind nicht unverletzlich,
und auch der gesündeste
und bis ins hohe Alter fitte Mensch
entgeht nicht seinem Tod.

Jesus widersteht auch hier
der Versuchung der Unverletzlichkeit
unter Rückgriff
auf das Gesetz des Mose,
wenn er sagt:
Du sollst den Herrn, deinen Gott,
nicht versuchen.
Er hat uns
als verletzliche Menschen geschaffen,
und bei aller Sorgfalt mit uns selbst
bleiben wir verletzlich.
    Und nun die letzte Versuchung
Jesu in der Wüste nach vierzigtägigem Fasten.
Der Teufel sagt zu ihm:
Ich will dir alle Reiche der Welt geben,
wenn du vor mir niederfällst
und mich anbetest.

Das ist die Versuchung der Macht,
hier der politischen Macht.
Alle halbwegs selbstkritischen Politikerinnen
und Politiker sagen, dass Macht
auch eine Versuchung werden kann,
nämlich die Versuchung,
die Macht behalten zu wollen,
um für die eigenen Ziele
weiter arbeiten zu können,
aber auch,
um die damit verbundenen Vorteile
wie ein eigenes Büro,
einen eigenen Chauffeur mit Dienstwagen
und häufiges Erscheinen in Zeitungen
und Fernsehen nicht zu verlieren.
Wir können uns glücklich schätzen,
in einem demokratischen Land zu leben,
in dem Macht immer
nur für begrenzte Zeit vergeben wird,
und in dem man sehr sensibel reagiert,
wenn ein bekannter Politiker
mit seiner Familie
im Flugzeug 1. Klasse fliegt
zum Preis für die 2. Klasse.
So etwas bleibt nicht verborgen
und wird korrigiert,
und das ist auch gut so.

Jesus widersteht
auch bei dieser Versuchung,
und zwar in verschärfter Form,
indem er den Teufel zum Teufel jagt
und unter Hinweis auf das Gesetz des Mose:
Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott,
und ihm allein dienen
.
Wenn Gott das Machtmonopol innehat,
wenn er der Allmächtige ist,

dann sind wir nicht allmächtig
und müssen nicht allmächtig sein
und auch nicht allmächtig sein wollen,
und können uns
von unseren zerstörerischen
Allmachtsphantasien verabschieden.

Da verließ ihn der Teufel,
und die Engel traten zu ihm
und dienten ihm
.
Man kann also den Teufel
in die Flucht schlagen,
muss nicht allen Versuchungen erliegen.
Jesus kehrt gestärkt aus der Wüste,
aus dem Ort der Stille, zurück, -
diesem Lebensfeindlichen Raum,
der auch ein Ort der Freiheit
und der Entscheidung ist.
Er beruft seine Jünger
und beginnt sein heilendes Werk.

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.
Wilhelm Niedernolte, (Eldagsen), Sup. i.R.

 
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