St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 17. März bis 23. März 2024

17.03.2024

Andacht für den Sonntag Judika
am 17. März 2024
und die neue Woche vom 17. März bis 23. März 2024
über die Epistel aus Hebräer 5,7-9
„Christus, der große Hohepriester“

Verfasser:
Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte
(Eldagsen)
    

Und er (Jesus) hat in den Tagen
seines irdischen Lebens Bitten und Flehen
mit lautem Schreien
und mit Tränen vor den gebracht,
der ihn aus dem Tod erretten konnte;
und er ist erhört worden,
weil er Gott in Ehren hielt.
So hat er, obwohl er der Sohn war,
doch an dem, was er litt,
Gehorsam gelernt.
Und da er vollendet war,
ist er für alle,
die ihm gehorsam sind,
der Urheber
der ewigen Seligkeit geworden

Hebräer 5, 7-9

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

An Jesus sind dem Hebräerbriefschreiber
drei Dinge besonders wichtig:


  1. Jesus ist Mensch, kein Übermensch.
    Er schreit, er weint, er fleht.
    Er ist kein Superman,
    sondern am Ende seiner Kraft.
    Er schämt sich seiner Tränen nicht,
    er ist schwach, er ist angefochten.
    Der Hebräerbrief nimmt
    die Sprache alttestamentlicher Beter auf.
    Die Klagepsalmen klingen an.
    Es ist seine Erinnerung
    an jene Nacht in Gethsemane,
    in der Jesus im Gebet mit Gott ringt.
    Der Jesus in den Evangelien leidet eher still.
    Lukas schreibt lediglich
    von Schweißperlen wie Blutstropfen,
    und ein Schrei entringt sich
    erst dem Gekreuzigten.
    Der Hebräerbriefschreiber aber
    lässt keinen Zweifel:
    Jesus war Mensch.
    Zu jeder Zeit einer von uns.
    Sein Schrei in Gottes,
    aber auch in unseren Ohren.
    Jesus, unser Bruder.

    2. Dann ist da Jesus,
    wie er sich zum Gehorsam durchkämpft.
    Nicht irgendwelchen Menschen,
    sondern Gott gegenüber.
    Dessen Weg ist für Jesus
    ganz offenbar nicht hell erleuchtet,
    sondern in tiefem Dunkel.
    Jesus geht den Weg nach Golgatha
    nicht in der Gewissheit,
    dass er am Ostertag
    als der strahlende Sieger
    über allem steht.
    Und wenn vielleicht doch,
    hat ihm das
    den Gang ans Kreuz
    zumindest nicht erleichtert.
    Jesus geht in das Leid
    mit allen seinen Konsequenzen.
    Er durchleidet
    an jeder Faser seines Körpers,
    was jetzt kommt.
    Hat er bis jetzt
    den Auftrag Gottes so ausgeführt,
    dass er sein Leben bestimmt hat,
    führt er ihn jetzt so aus,
    dass er sein Sterben bestimmt.
    War es bis jetzt Leidenschaft,
    wird es jetzt Leiden.
    War es bis hierher erfüllte Kür,
    wird es jetzt grausame Pflicht.
    Der Mensch Jesus
    muss sich dazu durchringen.
    Er kürzt den Weg nicht ab.
    Er entzieht sich nicht durch Flucht,
    er bringt sich nicht selbst um,
    er steigt nicht
    durch ein großes Wunder
    lächelnd vom Kreuz.
    Er sieht die Katastrophe
    auf sich zukommen.
    Er geht durch die Erniedrigung,
    er stirbt in der Folter.
    Jesus entzieht sich nicht dem Leid,
    Jesus leidet.
    Das bleibt ihm nicht erspart.
    Er folgt dem Weg in das Dunkel,
    den Gott ihn gehen lassen will.
    Er lernt, Gott gehorsam zu sein.
    Jesus – unser Vorbild.

    Und schließlich 3.:
    Jesus ist nicht nur menschlich nah,
    nicht nur Vorbild.
    Über ihm liegt der Glanz Gottes.
    Er ist vollkommen.
    Was ihn vollkommen machte?
    Auch dass er leidet,
    wie er leidet.
    Dass er diesen Weg nicht ablehnt,
    sondern geht.
    Dass er das Sterben von Gott nimmt
    wie er das Leben
    von Gott genommen hat.
    Dass er nicht meint,
    er müsse vom Leiden verschont bleiben,
    nur weil er Gott so nah ist.
    Weil er in der Katastrophe
    an der Liebe Gottes bleibt:
    „In deine Hände
    befehle ich meinen Geist.“
    Genau hierin entsteht
    eine Erhörung der Schreie:
    Aus dem Bitten und dem Flehen
    erwächst ein Jesus, 
    der im Gehorsam gegen Gottes Willen
    das Opfer seines Lebens bringt.
    Auch wenn er
    sein Leiden fürchtet
    wie jeder Mensch
    das Leiden fürchtet:
    Jesus geht diesen Weg,
    der überraschend
    Gott zur Ehre
    und den Menschen zum Heil wird.
    Er, der sich geopfert hat,
    ist von Gott zum Erlöser,
    zum Urheber des Heils geworden.
    Wer Gott gehorsam ist,
    weil Jesus gehorsam war,
    geht nicht verloren.
    Die ihm folgen,
    folgen ihm ins Heil.
    Jesus – unser Heiland.

    Jesus ist Bruder, Vorbild, Heiland.
    So, wie die meisten von uns
    hier um Verstehen ringen,
    hat der Schreiber des Hebräerbriefes
    um die Worte gerungen,
    die er aufgeschrieben hat.
    Es ist keine leichte Kost,
    eher eine Zumutung.
    Und doch kommt es uns nah,
    weil es uns erinnert,
    warum Jesus Christus
    unser Herr ist und kein anderer.

    Bleiben Sie behütet
    Wilhelm Niedernolte
 
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