St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 17. Juli bis 23. Juli 2022

20.07.2022

Andacht für die Woche vom 17. Juli bis 23. Juli 2022
zum Wochenlied für den 5. Sonntag nach Trinitatis
„Wach auf, du Geist der ersten Zeugen“ (EG 241)
Verfasser:
Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte
(Eldagsen)


1. Wach auf, du Geist der ersten Zeugen,
die auf der Mau'r als treue Wächter stehn,
die Tag und Nächte nimmer schweigen
und die getrost dem Feind entgegengehn,
ja deren Schall die ganze Welt durchdringt
und aller Völker Scharen zu dir bringt.


2. O dass dein Feuer bald entbrennte,
o möcht es doch in alle Lande gehn!
Ach Herr, gib doch in deine Ernte
viel Knechte, die in treuer Arbeit stehn.
O Herr der Ernte, siehe doch darein:
die Ernt ist groß, die Zahl der Knechte klein.

3. Dein Sohn hat ja mit klaren Worten
uns diese Bitt in unsern Mund gelegt.
O siehe, wie an allen Orten
sich deiner Kinder Herz und Sinn bewegt,
dich herzinbrünstig hierum anzuflehn;
drum hör, o Herr, und sprich: "Es soll geschehn."

4. So gib dein Wort mit großen Scharen,
die in der Kraft Evangelisten sein;
lass eilend Hilf uns widerfahren
und brich in Satans Reich mit Macht hinein.
O breite, Herr, auf weitem Erdenkreis
dein Reich bald aus zu deines Namens Preis!

5. Ach dass die Hilf aus Zion käme!
O dass dein Geist, so wie dein Wort verspricht,
dein Volk aus dem Gefängnis nähme!
O würd es doch nur bald vor Abend licht!
Ach reiß, o Herr, den Himmel bald entzwei
und komm herab zur Hilf und mach uns frei!

6. Ach lass dein Wort recht schnelle laufen,
es sei kein Ort ohn dessen Glanz und Schein.
Ach führe bald dadurch mit Haufen
der Heiden Füll zu allen Toren ein!
Ja wecke dein Volk Israel bald auf,
und also segne deines Wortes Lauf!

7. Lass jede hoh und niedre Schule
die Werkstatt deines guten Geistes sein,
ja sitze du nur auf dem Stuhle
und präge dich der Jugend selber ein,
dass treuer Lehrer viel und Beter sein,
die für die ganze Kirche flehn und schrein!









8. Du wirst dein herrlich Werk vollenden,
der du der Welten Heil und Richter bist;
du wirst der Menschheit Jammer wenden,
so dunkel jetzt dein Weg, o Heilger, ist.
Drum hört der Glaub nie auf, zu dir zu flehn;
du tust doch über Bitten und Verstehn.

Karl Heinrich von Bogatzky 1750

Liebe Leserin, lieber Leser,

in der ersten Zeile dieses Liedes
wird Bezug genommen
auf die ersten Christinnen und Christen
vor etwa zweitausend Jahren:
„Wach auf, du Geist der ersten Zeugen ...“,
bei denen der Geist Gottes
in kräftiger Wirkung
und unverfälschter Weise vermutet wird.
Von da wird ein Bogen
in die Gegenwart gespannt,
in der Hoffnung,
der Geist Gottes möge ebenso kräftig
und unverfälscht wirksam sein wie damals.

Aber wie war das mit den ersten Zeugen?
In der Apostelgeschichte ist überliefert
(Kapitel 2, Verse 44 u. 45):
„Alle aber, die gläubig geworden waren,
waren beieinander
und hatten alle Dinge gemeinsam.
Sie verkauften Güter und Habe
und teilten sie aus,
je nach dem es einer nötig hatte.“

„Urkommunismus“
wurde das gelegentlich genannt,
eine angeblich herrliche Zeit,
der nachzueifern sich gerade heute nahelege.
Doch: Vorsicht!
Dieselbe Apostelgeschichte berichtet in Kapitel 5 auch,
dass dieses Modell nicht funktioniert hat.
In der Geschichte des Ehepaares
Hannanias und Saphira
verkaufen die Eheleute einen Acker
und bringen den Erlös zu den Aposteln,
behalten aber einen Teil des Geldes
für sich selbst,
ohne dies den Aposteln mitzuteilen.
Petrus fragt Hannanias:
Warum hat der Satan dein Herz erfüllt,
dass du den heiligen Geist belogen
und etwas vom Geld
für den Acker zurück behalten hast?
Du hättest den Acker behalten können





und hättest den Erlös
auch nicht spenden müssen.
Aber du hättest ehrlich sein sollen
und nicht so tun sollen,
als hättest du alles für die Gemeinde
und für Gott gespendet.
Letztlich hast du Gott betrogen
.
Diese Geschichte endet mit den Worten:
Als Hannanias diese Worte hörte,
fiel er zu Boden und gab den Geist auf.

Also auch in der Urgemeinde
menschelte es sehr,
und wir sind gut beraten,
diese Zeit nicht als Sehnsuchtsort
für uns Christen zu stilisieren.


Wach auf, du Geist der ersten Zeugen ...“.
auch und gerade unter
den fehlerhaften ersten Zeugen,
auch und gerade unter

uns fehlerhaften Zeuginnen und Zeugen
in unserer Zeit.
Dazu geben die weiteren Verse
dieses Liedes Hinweise.

Vers 2:
Ach Herr, gib doch in deine Ernte
viel Knechte, die in treuer Arbeit stehn.
O Herr der Ernte, siehe doch darein:
die Ernt ist groß, die Zahl der Knechte klein.

Heute ist die Zahl
der bezahlten „Knechte“ und „Mägde“
in unseren Kirchen gegenüber früher
zahlenmäßig geringer geworden.
Woran liegt das?
Ist die Arbeit für Gott nicht mehr so attraktiv?
An der Bezahlung kann es nicht liegen.
Unsere zahlreichen kirchlichen Strukturreformen
haben diesen Trend nicht aufgehalten.
Ich bin auch ein wenig ratlos,
was die Gründe angeht.
Umso wichtiger ist die Liedzeile:
Ach Herr, gib doch in deine Ernte
viel Knechte, die in treuer Arbeit stehn.

Vers 7:
Lass jede hoh und niedre Schule
die Werkstatt deines guten Geistes sein
.
Das ist doch mal ein interessanter Gedanke:
Unsere Schulen als Orte organisierten Lernens
eine Werkstatt des Geistes Gottes.
Deswegen müssen Schulen
nicht in kirchlicher Trägerschaft sein
wie vor Jahrhunderten,
aber sie könnten Werkstätten sein,
wo Kinder gefördert und gefordert werden,
wertgeschätzt werden,



wo man einander annimmt
und einander Fehler vergibt.
Ich bin sicher,
solche Werkstätten gibt es bereits.
Sie sollten ausgebaut werden.

Vers 8:
Du wirst dein herrlich Werk vollenden,
der du der Welten Heil und Richter bist.

Das ist unsere Hoffnung
als Christinnen und Christen,
dass Gott auch am Ende aller Zeiten steht,
dass er das zu Ende führen wird,
was wir an Gutem begonnen haben,
auch das zum Guten führen wird,
was uns misslungen ist.
Wann das sein wird
und wie das sein wird,
wissen wir nicht.
Doch wir glauben, dass er uns,
seine Welt und seine Kirche
nicht im Stich lassen wird.

 

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.

Wilhelm Niedernolte

 
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