St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 17.Oktober bis 23.Oktober 2021

18.10.2021

Andacht für die Woche vom 17.Oktober bis 23.Oktober 2021
über den Wochenpsalm am 20. Sonntag nach Trinitatis

Psalm 119, 1-8+17-18

Verfasser:  Superintendent in Ruhe Jürgen Flohr
(Springe – früher Syke)


Wohl denen, die ohne Tadel leben,

die im Gesetz des Herrn wandeln!

  Wohl denen, die sich an seine Zeugnisse halten,

  die ihn von ganzem Herzen suchen,

die auf seinen Wegen wandeln

und kein Unrecht tun.

  Du hast geboten, fleißig zu halten

  deine Befehle.

O dass mein Leben deine Gebote

mit ganzem Ernst hielte.

  Wenn ich schaue allein auf deine Gebote,

  so werde ich nicht zuschanden.

Ich danke dir mit aufrichtigem Herzen,

dass du mich lehrst die Ordnungen deiner Gerechtigkeit.

  Deine Gebote will ich halten;

  verlass mich nimmermehr!

Tu wohl deinem Knecht, dass ich lebe

und dein Wort halte.

  Öffne mir die Augen,

  dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz.


Liebe Lesende!

Wenn wir diesen Psalm so lesen,
wird uns vieles einleuchten,
was er ausführt; denn sicher ist es gut,
ohne Tadel zu leben
und sich an Gottes Gesetze zu halten,
kein Unrecht zu tun
und Gott mit aufrichtigem Herzen zu danken,
dass er uns die 10 Gebote hat
überliefern lassen.

     Wenn wir dann allerdings
über diese Regeln nachdenken
und sie auf unser alltägliches Leben anwenden,
werden wir merken,
dass es nicht immer ganz einfach ist,
sie zu befolgen.

     Da ist z.B. das 1. Gebot:
Es fordert, dass wir
keine anderen Götter verehren sollen
neben dem wahren Gott.
Natürlich beten wir ja keine Götzen an aus Stein
oder Gold wie die Menschen im alten Orient.
Doch welche Rolle spielen in unserem Leben
etwa das Geld, der Besitz,
mein persönliches Ansehen,
die Familie und manches andere,
auf das ich in keinem Fall verzichten möchte.
Nimmt etwas davon
vielleicht quasi göttliche Qualität an?

     Und wie steht es
 mit dem 9. und dem 10. Gebot,
die fordern, dass ich nicht begehren soll,
was anderen gehört?
Sind wir nicht doch manchmal neidisch auf andere,
 wenn sie die schönere Wohnung,
das höhere Einkommen,
die erfolgreicheren Kinder haben?
     Und was ist mit den vielen genaueren Vorschriften,
die das alttestamentliche Gesetz
den Israeliten machte
und deren Fortsetzung im heutigen Israel
so manche Probleme bereitet,
wenn am Sabbat keine Veranstaltungen erlaubt sind
und der fromme Jude
nicht einmal einen Lichtschalter betätigen darf,
weil beides als verbotene Entheiligung
des Sabbats gilt.
     Es ist also nicht immer so ganz einfach,
sich fleißig an Gottes Befehle zu halten,
wenn z.B. schon das Ährenraufen am Sabbat
den Jüngern Jesu als verbotene Arbeit
am Feiertag angekreidet wurde. (s. Markus 2, 23-28)

     Was also bedeutet das alles für uns heute?

Sollen wir uns an die 10 Gebote halten,
so gut wir es vermögen,
auch wenn sie sehr alt sind
und manche nicht mehr
zeitgemäß erscheinen?

Sollen wir auch
die weiter gehenden Vorschriften des Alten Testaments
beachten wie fromme Juden es tun?

Oder sollen wir das alles in christlicher Freiheit
beiseiteschieben und nur das tun,
was uns selbst richtig zu sein scheint?
     Ich denke, es wäre richtig,
dass wir auf Jesu Wort hören,
wenn er im Doppelgebot der Liebe sagt:
Wir sollen Gott lieben von ganzem Herzen
und unseren Nächsten lieben wie uns selbst.

Jesu nimmt
damit auch eine Erkenntnis
aus dem Alten Testament auf
und schärft damit seinen Anhängern ein,
dass es vor allen einzelnen Regeln
auf die Liebe ankommt.

Mit dieser Liebe
umgibt uns der himmlische Vater,
und diese Liebe
 sollen wir weitergeben an die Mitmenschen
in Gerechtigkeit und von Herzen.

Dabei können dann
die einzelnen Gebote hilfreiche Leitlinien sein,
die die Grenzen dessen aufzeigen,
was unserem Leben dient
und die uns auffordern,
nicht zu morden,

nicht zu stehlen,
nicht andere anzuschwärzen,
sondern „alles zum besten zu kehren“
wie es Martin Luther
in seiner Erklärung zum 8. Gebot ausführt.
Insofern haben die 10 Gebote
nach wie vor ihre hilfreiche Funktion als Richtlinien.

     Tun, was der Liebe dient!

Das wäre also die Grundregel.
Und sie anzuwenden auf die alltäglichen Situationen
ist unsere Aufgabe in großer christlicher Freiheit;
denn „der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht
und nicht der Mensch um des Sabbats willen“.
(Markus 2,27)

Jürgen Flohr

 
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