St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 15. bis 21. Mai 2022

14.05.2022

Andacht für die Woche vom 15. bis 21. Mai 2022
zum Wochenlied
„Ich sing dir mein Lied“ (freiTÖNE 72)
Verfasser: Pfarrer in Ruhe Jürgen-Peter Lesch
(
Springe – früher Pfarrer der EKD in Hannover)


„Singet dem Herrn ein neues Lied,
denn er tut Wunder“
lautet der Bibelspruch für die kommende Woche,
die mit dem Sonntag „Kantate“ („Singt!“) beginnt.
Diese Aufforderung nimmt das Wochenlied auf.
Es beginnt mit:
„Ich sing dir mein Lied,
in ihm klingt mein Leben“.
Und es fährt fort:
„Die Töne, den Klang
hast du mir gegeben
von Wachsen und Werden,
von Himmel und Erde,
du Quelle des Lebens.
Dir sing ich mein Lied.“
Mit meinem Singen
werde ich hineingenommen
in die Schöpfung Gottes,
in den großen Zusammenklang
von Himmel und Erde,
vom Wachsen und Gedeihen.
So wie es im Psalm 96 heißt:
„Singet dem HERRN ein neues Lied;
singet dem HERRN, alle Welt!
Der Himmel freue sich,
und die Erde sei fröhlich,
das Meer brause
und was darinnen ist;
das Feld sei fröhlich und alles,
was darauf ist;
jauchzen sollen alle Bäume im Walde
vor dem Herrn …“
   
Diese Worte können uns Anstoß
und Motivation sein,
unsere Augen zu öffnen
für all die Wunder,
die sich gegenwärtig wieder einmal
vor uns abspielen.
Das Feld sei fröhlich und alles,
was darauf ist –
der Raps zeigt seine leuchtend gelben Blüten.
Jauchzen sollen alle Bäume im Walde –
innerhalb von wenigen Tagen
ist aus dem grauen und braunen Wald
eine grüne Oase geworden,
die der Blick kaum durchdringen kann.
    
Doch das Lied
geht über das Lob der Schöpfung hinaus:
„Ich sing dir mein Lied,
in ihm klingt mein Leben.
Den Rhythmus, den Schwung
hast du mir gegeben
von deiner Geschichte,
in die du uns mitnimmst,
du Hüter des Lebens.
Dir sing ich mein Lied.“
    
Es erinnert uns
an die Geschichte Gottes mit uns Menschen.
An die göttliche Geschichte,
in die wir mit hineingenommen sind.
Wir sind nicht auf uns allein gestellt.
Wir sind nicht
einem blinden Schicksal ausgeliefert.
Wir sind Teil jener großen Geschichte,
die mit der Schöpfung begonnen hat,
mit Jesus Christus
eine neue Perspektive bekommen hat und –
auch wenn wir es nicht sehen
und begreifen können –
ihr Ziel hat bei Gott,
dem Hüter des Lebens.
    
Das Lied nimmt dann auf,
was uns bewegt,
uns Sorgen macht
und manchmal verzweifeln lässt:
„Ich sing dir mein Lied,
in ihm klingt mein Leben.
Die Höhen, die Tiefen
hast du mir gegeben.
Du hältst uns zusammen
trotz Streit und Verletzung,
du Freundin des Lebens
.
Dir sing ich mein Lied.“
Was unser Leben ausmacht,
die dunklen und die frohen Stunden,
die Festtage und die Tage der Trauer –
all das gehört einfach dazu,
ob wir wollen oder nicht.
Die Grenzen, die wir ziehen
und die andere für und gegen uns ziehen,
werden nicht bestehen bleiben.
Streit und Gewalt und Tod
werden nicht das letzte Wort haben.
Denn Gott ist eine „Freundin des Lebens“.
     Und so endet das Lied
voller Hoffnung und Zuversicht:
„Ich sing dir mein Lied,
in ihm klingt mein Leben.
Die Töne den Klang
hast du mir gegeben
von Zeichen der Hoffnung
auf steinigen Wegen
du Zukunft des Lebens.
Dir sing ich mein Lied.“
Das kann uns angesichts unserer Sorgen
und Unsicherheiten helfen:
Dass wir Zeichen der Hoffnung
auf unseren gegenwärtigen
steinigen Wegen entdecken.
Es gibt sie, diese Zeichen, –
gerade in Zeiten,
in den wir den Mut verlieren wollen.
Wir hören und erleben,
dass Menschen sich einsetzen –
für andere Menschen,
für leidende Tiere,
für eine bedrohte Schöpfung.
Wir hören, sehen
und lesen kleine Geschichten,
die uns Mut machen,
uns selbst da und dort einzusetzen
und zu helfen, wo wir es können.
Wir erleben Veränderungen.
Wir hören klare und nachdenkliche Worte,
wo wir sie nicht erwartet haben,
weil sie so seit Jahren
nicht gesprochen worden sind.
Wir sehen Gesten der Zuwendung,
wo bisher Berechnung
und Kalkulation im Vordergrund standen.
All das sind
Zeichen der Hoffnung auf den steinigen Wegen,
auf denen wir versuchen voranzukommen.
     Der Psalm, der froh und leicht
mit den Worten beginnt:
„Singet dem Herrn ein neues Lied;
singet dem Herrn, alle Welt!
schließt mit einer großen Zuversicht:
„Der Herr kommt, zu richten das Erdreich.
Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit
und die Völker mit seiner Wahrheit.“
Am Ende werden Gerechtigkeit
und Wahrheit stehen –
davon singt der Psalm.
Daraus wächst die Zuversicht,
dass Macht und Gewalt,
aber auch Leid, Krankheit und Tod
nicht das letzte Wort haben.
All das gibt es noch immer.
Und so können wir
manchmal nur verzweifeln.
Doch in der Verzweiflung ‚
steckt der Zweifel.
Und im Zweifel keimen
der Verdacht auf, die Hoffnung
und manchmal sogar die Gewissheit,
dass es anders werden kann
und anders werden soll.
Denn Gott, der Herr, tut Wunder.
Die lassen sich nicht herbeisingen.
Doch im Gesang
scheint etwas auf von der Hoffnung
und dem Mut,
die uns von Gott und durch Gott
jetzt und hier zugesagt sind.

Jürgen-Peter Lesch


Hinweis:
Der Text und die Melodie
von „Ich sing dir mein Lied“
stammen ursprünglich aus Brasilien.
Die Melodie
wurde von J. Fernandes da Silva komponiert;
der Text –
er beginnt mit „Cantai ao Senhor“ –
geht zurück auf den Psalm 96.
Wie beides nach Deutschland gekommen ist,
lässt sich nicht eindeutig sagen.
Das Lied hat wohl über Konferenzen
wie die des Ökumenischen Rates der Kirchen
seinen Weg in viele Länder gefunden.
Es wurde in mehrere Sprachen übersetzt
und ist gegenwärtig
in 22 Gesangbüchern enthalten.
Der deutsche Text stammt von Fritz Baltruweit
und Barbara Hustedt

 
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