St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 12. November bis zum 18. November 2023

10.11.2023

Andacht für die Woche
vom 12. November bis zum 18. November 2023
über das Evangelium
aus Lukas 17, 20-24
für den drittletzten Sonntag des Kirchenjahres
Verfasser:
Martin Luther

Evangelium nach Lukas 17,20-24:
„Vom Kommen des Gottesreiches“

Als Jesus aber
von den Pharisäern gefragt wurde:
Wann kommt das Reich Gottes?,
antwortete er ihnen und sprach:
Das Reich Gottes kommt nicht
mit äußeren Zeichen;
man wird auch nicht sagen:
Siehe, hier!, oder: Da!
Denn sehet, das Reich Gottes
ist mitten unter euch.
Er sprach aber zu den Jüngern:
Es wird die Zeit kommen,
in der ihr begehren werdet,
zu sehen einen der Tage
des Menschensohns,
und werdet ihn nicht sehen.
Und sie werden zu euch sagen:
Siehe, da!, oder: Siehe, hier!
Geht nicht hin
und lauft nicht hinterher!
Denn wie der Blitz aufblitzt
und leuchtet
von einem Ende des Himmels
bis zum andern,
so wird der Menschensohn
an seinem Tage sein.

Martin Luther
legt im „Großen Katechismus“
die 2. Bitte des Vater-Unsers
„Dein Reich komme“
wie folgt aus.

Wie wir im ersten Stücke
gebeten haben, …
also bitten wir hier,
dass auch sein Reich
kommen solle.
Aber gleichwie Gottes Name
an ihm selbst heilig ist
und wir doch bitten,
dass er bei uns heilig sei,
also kommt auch sein Reich
ohne unser Bitten von sich selbst;
doch bitten wir gleichwohl,
dass es zu uns komme,
das ist unter uns
und bei uns gehe,
also dass wir auch
ein Stück seien,
darunter sein Name geheiligt werde
und sein Reich im Schwang gehe.
Was heißt nun Gottes Reich?
Antwort: nichts anders denn wie wir
droben im Glauben gehört haben,
dass Gott seinen Sohn Christum,
unsern Herrn, in die Welt geschickt,
dass er uns erlöse und frei machte
von der Gewalt des Teufels
und zu sich brächte und regierte
als ein König der Gerechtigkeit,
des Lebens und Seligkeit
wider Sünde, Tod und böse Gewissen,
dazu er auch
seinen heiligen Geist gegeben hat,
der uns solches heimbrächte
durch sein heiliges Wort
und durch seine Kraft im Glauben
erleuchtete und stärkte.
Derhalben bitten wir nun
hier zum ersten,
dass solches bei uns kräftig werde
und sein Name so gepriesen
durch das heilige Wort Gottes
und christliches Leben, -
beide, dass wir,
die es angenommen haben,
dabei bleiben und täglich zunehmen,
und dass es bei andern Leuten
einen Zufall und Anhang gewinne
und gewaltiglich durch die Welt gehe,
auf dass ihrer viel
zu dem Gnadenreich kommen,
der Erlösung teilhaftig werden,
durch den heiligen Geist herzugebracht,
auf dass wir also allesamt
in einem Königreich,
jetzt angefangen, ewiglich bleiben.
Denn dass Gottes Reich zu uns komme,
geschieht auf zweierlei Weise:
einmal hier zeitlich
durch das Wort und den Glauben,
zum andern ewig
durch die Offenbarung.
 Nun bitten wir solches beides,
dass es komme zu denen,
die noch nicht darin sind,
und zu uns, die es überkommen haben,
durch tägliches Zunehmen
und künftig in dem ewigen Leben.
Das alles ist nicht anders
denn soviel gesagt:
Lieber Vater, wir bitten,
gib uns erstlich dein Wort,
dass das Evangelium rechtschaffen
durch die Welt gepredigt werde.
Zum andern, dass es auch
durch den Glauben angenommen werde,
in uns wirke und lebe;
dass also dein Reich unter uns gehe
durch das Wort
und Kraft des heiligen Geistes
und des Teufels Reich
niedergelegt werde,
dass er kein Recht noch Gewalt
über uns habe,
so lange bis es endlich gar zerstört,
die Sünde, Tod und Hölle vertilgt werde,
dass wir ewig leben
in voller Gerechtigkeit und Seligkeit.
Aus dem siehst du,
dass wir hier nicht
um eine Parteke
oder zeitliches, vergängliches Gut bitten,
sondern um einen ewigen
überschwänglichen Schatz und alles,
was Gott selbst vermag,
das viel zu groß ist,
dass ein menschliches Herz solches
dürfte in Sinn nehmen zu begehren,
wo ers nicht selbst
geboten hätte zu bitten.
Aber weil er Gott ist,
will er auch die Ehre haben,
dass er viel mehr und reichlicher gibt,
denn jemand begreifen kann,
als ein ewiger unvergänglicher Quell,
der, je mehr er ausfließt und übergeht,
je mehr er von sich gibt,
und nichts höher von uns begehrt,
denn dass man viele
und große Dinge von ihm bitte,
und wiederum zürnt,
wenn man nicht getrost bittet
und fordert. Denn gleich
als wenn der reichste, mächtigste Kaiser
einen armen Bettler hieße bitten,
was er nur begehren möchte,
und bereit wäre,
großes kaiserliches Geschenk zu geben,
und der Narr nicht mehr
denn eine Hofsuppe bettelte,
würde er billig als ein Schelm
und Bösewicht gehalten,
als der mit kaiserlicher Majestät Befehl
seinen Hohn und Spott triebe
und nicht wert wäre,
vor seine Augen zu kommen.
Also reicht es auch Gott
zu großer Schmach und Unehre,
wenn wir, denen er
so viel unaussprechliche Güter
anbietet und zusagt,
solches verachten
oder nicht trauen zu empfangen
und kaum um ein Stück Brot
unterwinden zu bitten.
Das ist alles
des schändlichen Unglaubens Schuld,
der sich nicht so viel Gutes zu Gott versieht,
dass er ihm den Bauch ernähre,
geschweige dass er solche ewige Güter
sollte ungezweifelt von Gott erwarten.
Darum sollen wir uns dawider stärken
und dies lassen das erste sein zu bitten,
so wird man freilich
alles andere auch reichlich haben,
wie Christus lehrt:
Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes,
so soll euch solches alles zufallen.
Denn wie sollte er uns
an Zeitlichem mangeln und darben lassen,
weil er das Ewige
und Unvergängliche verheißt?

Dr. Martin Luther

 
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