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Andacht für die Woche vom 11. Juni bis 17. Juni 2023

11.06.2023

Andacht für die Woche
vom 11. Juni bis 17. Juni 2023

über das Evangelium
des 1. Sonntags nach Trinitatis
„Vom reichen Mann und armen Lazarus“
(Evangelium des Lukas 16,19-31)

Verfasser:
Superintendent in Ruhe Christian Klatt
(Springe)

Das Evangelium für den 1. Sonntag nach Trinitatis
ist eins der bekanntesten Gleichnisse Jesu.
Es handelt, wie schon die Überschrift
in unserer Lutherbibel anzeigt,
von zwei Personen, die geradezu
sprichwörtliche Berühmtheit erlangt haben:
„Vom reichen Mann und armen Lazarus.“

    Der Reiche „lebte alle Tage
herrlich und in Freuden.“

Das allein ist ja eigentlich nicht verwerflich.
Wir benutzen diese Redewendung ja auch,
wenn wir z. B. schöne Urlaubstage verleben.
Doch dieser Reiche schien selbstzufrieden
in regelrechtem Luxus zu schwelgen:
Er „kleidete sich in Purpur
und kostbares Leinen.“
Der nächste Satz beginnt jedenfalls
mit einem deutlichen „Aber“:
„Ein Armer aber mit Namen Lazarus
lag vor seiner Tür.“
Er ist nicht nur arm, sondern auch
von Geschwüren entstellt
und so hungrig, dass er,
wie die Hunde, die ihn bedrängen,
schon mit dem zufrieden wäre,
„was von des Reichen Tisch fiel.“

    Die fett gedruckten Zitate,
die in unseren Sprachgebrauch
eingegangen sind, machen deutlich,
dass Jesus mit diesem Gleichnis
etwas schildert, was die Zustände
in unserer globalen Welt bis heute bestimmt:
nicht nur die zum Himmel schreiende Kluft
zwischen Reich und Arm,
sondern auch die gedankenlose
Selbstzufriedenheit auf der einen
und das Elend auf der anderen Seite,
oft nur ein paar Schritte voneinander entfernt!

    Nach dem Tod der Beiden aber,
so geht die Geschichte weiter,
kehren sich die Verhältnisse um.
Der Reiche muss „Höllenqualen“ leiden,
Lazarus hingegen wird
„von den Engeln
in Abrahams Schoß getragen.“
Das könnte man
als ausgleichende Gerechtigkeit bezeichnen,
den einen zur Warnung,
den anderen zum Trost.
    In diesem Sinne wurde diese Geschichte
so ähnlich auch im alten Ägypten
und im Judentum erzählt.
Das biblische Gleichnis aber will
auf etwas Anderes hinaus.
Zunächst hat der in der Hölle
schmachtende Reiche den absurden Wunsch,
dass Lazarus ihm mit einem Tropfen Wasser
ein wenig Linderung verschaffe.
Dann aber äußert er die dringende Bitte,
Lazarus möge doch
seinen fünf noch lebenden Brüdern erscheinen
und sie warnen,
damit sie nicht auch mal
„an diesem Ort der Qual“ landen.

    Doch auch diese Bitte
wird ihm abgeschlagen.
Denn spektakuläre Wunder aus dem Jenseits
sind nicht nötig
und bewirken letzten Endes gar nichts.
„Sie haben Mose und die Propheten,
die sollen sie hören“,

lässt Jesus in seinem Gleichnis
den Abraham sagen.
Mose und die Propheten –
damit sind die Worte
der Heiligen Schrift gemeint,
aus denen der gute Wille Gottes,
der dem Leben dient, klar hervorgeht.
   „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist
und was der Herr von dir fordert,
nämlich Gottes Wort halten
und Liebe üben
und demütig sein vor deinem Gott“
,
lesen wir beispielsweise
beim Propheten Micha (6, 8).
Demut und Bescheidenheit
anstelle von Luxus und Maßlosigkeit,
Solidarität und Nächstenliebe
anstelle von satter Selbstzufriedenheit –
das ist das Gebot der Stunde,
nicht nur damals,
als der Reiche mal das Elend vor seiner Haustür
hätte wahrnehmen sollen.
Sondern es betrifft uns auch heute,
da so viele Menschen um uns herum
und weltweit auf Hilfe
und Gerechtigkeit warten.
„Vom reichen Mann und armen Lazarus“
eine alte Geschichte,
die für unsere Gegenwart
nichts an Aktualität eingebüßt hat.


Ich wünsche Ihnen
einen gesegneten Sonntag
und eine gute neue Woche

Christian Klatt

 
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