St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 19. Dezember 2021 bis 25. Dezember 2021

18.12.2021

Andacht für die Woche
vom 19. Dezember 2021 bis 25. Dezember 2021
über den Lobgesang der Maria aus Lukas
für den 4. Advent, Heiligabend und 1. Weihnachtstag

Verfasser: Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte (Eldagsen)

 

Und Maria sprach:
Meine Seele erhebt den Herrn,

und mein Geist freut sich Gottes,
meines Heilandes;

denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Siehe, von nun an werden mich seligpreisen
alle Kindeskinder.

Denn er hat große Dinge an mir getan,
der da mächtig ist und dessen Name heilig ist.

Und seine Barmherzigkeit währet für und für
bei denen, die ihn fürchten.

Er übt Gewalt mit seinem Arm 
und zerstreut, die hoffärtig sind
in ihres Herzens Sinn.

Er stößt die Gewaltigen vom Thron
und erhebt die Niedrigen.

Die Hungrigen füllt er mit Gütern
und lässt die Reichen leer ausgehen.

Er gedenkt der Barmherzigkeit
und hilft seinem Diener Israel auf,

wie er geredet hat zu unseren Vätern,
Abraham und seinen Kindern in Ewigkeit.

Lukas 1, 46-55 Lobgesang der Maria – Magnificat

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

Maria sprach: „Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist freut sich Gottes,
meines Heilandes.“
 
Häufig wird Maria dargestellt
als sanfte und stille Frau.
Nach der Ankündigung des Engels,
dass sie Mutter werden wird
und ein ganz besonderes Kind bekommen wird,
sagt sie:
Siehe, ich bin des Herrn Magd,
mir geschehe, wie du gesagt hast:
oder auch bei Krippenfiguren:
auf dem Weg nach Bethlehem
sitzt sie auf einem Esel
(weil sie schwanger ist)
oder sie sitzt an der Krippe,
den Blick nach unten gesenkt.
   In der Weihnachtsgeschichte heißt es:
Maria behielt alle diese Worte
und bewegte sie in ihrem Herzen
.
Also: Maria, die Empfangende,
Passive, den Auftrag Gottes ausführende Frau?
Ja, so wird sie auch geschildert.
Hier allerdings sehen wir sie
von einer anderen Seite:
Maria als starke selbstbewusste Frau,
als eine Prophetin, die sich einreiht
in die bedeutungsvollen Menschen der Bibel.
   Luthers Übersetzung
lässt das nicht sofort vermuten:
Meine Seele erhebt den Herrn.
Deutlicher ist die lateinische Übersetzung –
daher auch der Name dieses Textes: Magnificat –
magnificat anima mea dominum -
meine Seele macht Gott groß,
verschafft Gott Raum in unserer Welt.
    So redet ein Mensch,
der um seinen Platz in der Welt weiß,
um seinen Wert vor Gott
und vor sich selbst.
Nicht: Ich werde ein Großer in der Welt,
sondern Gott wird groß,
auch durch mich,
und damit bin ich alles andere
als unwichtig.

   Was heißt das –
für Maria, für uns?
Maria lobt Gott mit Leib,
Seele und Geist:
Mit Ihrem Leib,
in dem ein Kind heranwächst,
mit ihrer Seele, die sich öffnet
und Gott entgegen geht
und mit ihrem Geist,
mit ihrem Denken,
das ihr sagt,
dass das, was mit ihr geschieht,
in die lange Geschichte Gottes
mit seinem Volk gehört,
und dass sie in einer Reihe steht
mit anderen Prophetinnen
und Propheten der Bibel.
Denn der Lobgesang der Maria
nimmt Bezug auf den Lobgesang
einer anderen Frau der Bibel,
auf den Lobgesang der Hanna
im Alten Testament (1. Samuel 2),
die ähnliche Worte findet,
nachdem sie nach langer Kinderlosigkeit
einen Sohn bekommen hat,
den Samuel.

Hanna sagt:
Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn.
Maria sagt:
Mein Geist freut sich über Gott.

Hanna:
Die da satt waren,
müssen um Brot dienen,
und die Hunger litten,
hungert nicht mehr.
Maria:
Die Hungrigen füllt er mit Gütern
und lässt die Reichen leer ausgehen
.

Hanna:
Der Herr macht arm und macht reich;
er erniedrigt und erhöht.
Er hebt auf den Dürftigen
aus dem Staub
und erhöht den Armen
aus der Asche.
Maria:
Er stößt die Gewaltigen vom Thron
und erhebt die Niedrigen.

   Darum geht es also
in beiden Lobgesängen:
Gott dadurch in der Welt groß zu machen,
dass Hungrige zu essen bekommen,
und dass Rechtlose und Gedemütigte
ihre Würde wiederbekommen.
So sprach Maria,
und sprach das aus,
was das gedemütigte Volk Israel
von dem Messias erwartete.

   Gott groß machen in der Welt,
damit die Menschen
als Gottes Geschöpfe
und in Würde leben können –
das besingt Maria,
und das gilt auch heute.
   Denn das ist die Frage an uns heute:
Welchen Platz hat Gott bei uns –
in der Welt, in Europa, in Deutschland?
Wird Gott durch uns größer
oder kleiner?
Im Stall von Bethlehem
ist er ganz klein geworden,
ein kleines Kind.
Doch er ist gewachsen,
hat Menschen um sich gesammelt.
Die Zahl derer,
die mit ihm unterwegs waren
und unterwegs sind,
ist stetig gewachsen.
Lasst auch uns
in den Lobgesang der Maria
einstimmen:
Magnificat anima mea dominum -
Meine Seele macht Gott groß.


Ich wünsche Ihnen
eine gesegnete Weihnachtszeit

Wilhelm Niedernolte, Eldagsen

Sup. i.R.

 
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