St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für den Heiligabend (24. Dezember 2023) das Weihnachtsfest (25. und 26. Dezember 2023) und die Zeit zwischen den Jahren (27. Dezember bis 30. Dezember 2023)

23.12.2023

Andacht für den Heiligabend (24. Dezember 2023)
das Weihnachtsfest (25. und 26. Dezember 2023)
und die Zeit zwischen den Jahren
(27. Dezember bis 30. Dezember 2023)
Verfasser:
Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte
(Eldagsen)
    

Liebe Leserin, Lieber Leser,

es begab sich aber zu der Zeit,
dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging …
Da machte sich auf auch Joseph
mit seiner Verlobten Maria,
die war schwanger.
Nach mühsamer Reise landen sie
schließlich in einem Viehstall.
Maria bringt ihren Sohn zur Welt.
Und aus Ermangelung eines Kinderbettes
legt sie ihr Kind in eine Futterkrippe.
Und nun sitzen und stehen die Eltern
an der Krippe und freuen sich
über ihren Sohn,
so wie sich die meisten Eltern
über ihre neugeborenen Kinder freuen,
die das neue Lebewesen
in ihrer Familie betrachten,
darüber staunen, dass alle Gliedmaßen,
alle Finger und Zehen
komplett vorhanden sind.
Und sie versprechen ihrem Baby
in ihrem Herzen, es immer liebzuhaben,
zu ihm zu stehen,
egal, was kommt,
es zu beschützen und zu begleiten;
wenn es sein muss,
ihr Leben zu riskieren
für dieses kleine Wesen.
Maria und Joseph freuen sich.

Aber sie sind nicht
die einzigen an der Krippe.
Auf Bildern, die die Weihnachts-
geschichte darstellen,
sehen wir fast immer auch Tiere,
einen Ochsen und einen Esel.
Der Evangelist Lukas
schreibt nichts von Ochsen und Eseln.
Wie kommen die Tiere
in die Weihnachtsgeschichte?
Darauf geben verschiedene Ausleger
verschiedene Antworten.
Die einen sagen:
In einen damaligen Stall
gehören Ochsen und Esel,
Kühe und Schafe.
Und Maler haben sicher gemeint:
Ein paar Tiere runden das Bild ab,
machen es lebendig.
Bibel kundige Ausleger weisen dagegen
gern darauf hin, was Gott
durch den Propheten Jesaja
über sein Volk gesagt hat: (Jesaja 1,3)
„Ein Ochse kennt seinen Herrn
und ein Esel die Krippe seines Herrn,
aber Israel kennt's nicht,
und mein Volk versteht's nicht.“
Wie auch immer,
für uns, für mich gehören
Ochse und Esel
an die Krippe des Jesuskindes.

    Wer steht noch an der Krippe?
Natürlich die Hirten,
die draußen auf dem Feld
die Botschaft vom neu geborenen Heiland
zuerst erfahren haben.
Sie kommen als erste,
um das Kind anzubeten.
Das sind Leute,
denen man wohl
seine stinkenden Schafe in Obhut gibt,
die man aber nicht gern
in seiner Nähe hat,
unkultivierte Leute mit schlechten Manieren.
Schon hier zeigt sich etwas,
das sich durch das ganze ‚
spätere Leben dieses Kindes zieht,
seine Nähe und Liebe zu solchen Leuten,
über die man die Nase rümpft,
die am Rande der Gesellschaft stehen.
Jesus nennt sie später
die Mühseligen und Beladenen,
oder er nennt sie
seine geringsten Brüder und Schwestern.
Die Nähe zu solchen Menschen
zeigt sich häufig
gerade in der Weihnachtszeit,
und trifft oft auf unsere Hilfsbereitschaft,
auf unsere Spendenbereitschaft.
Wir sehen das Elend in der Welt
und es rührt uns an.
Die Hirten in der Weihnachtsgeschichte
stehen als erste an der Krippe
und huldigen dem Kind.
    Wir huldigen dem Kind heute,
indem wir unser Herz für solche Menschen öffnen.
Unser Glaube an das Kind
in der Krippe von Bethlehem
hilft uns persönlich zum Leben.
Es öffnet uns aber auch die Augen
und die Hände und das Portemonnaie
für die, die auf der Schattenseite stehen,
die als erste
an der Krippe Jesu stehen

     Doch weiter: Wer steht noch an der Krippe?
Natürlich die drei Weisen aus dem Morgenland.
Was sind das für Menschen?
Weise, also kluge Menschen,
vielleicht Wissenschaftler.
Wir haben einen Stern gesehen,
sagen sie.
Vielleicht sind sie Sternenkundige,
Astronomen oder Astrophysiker.
Der Evangelist Matthäus
beschreibt sie als Magioi, also Magier,
die über geheimes Wissen verfügen.
In unserer Vorstellung
und in vielen Krippenspielen sind es Könige,
heilige drei Könige,
denen noch heute
der 6. Januar als Feiertag gewidmet ist.
Wo ihr Königreich liegt,
erfahren wir nicht.
Sie kommen aus dem Osten,
vielleicht aus Indien,
vielleicht aus Afghanistan.
Interessanter als das zu wissen
sind die Geschenke, die sie mitbringen:
Gold, Weihrauch
und Myrrhe, kostbare Dinge,
die sich nur wirklich Reiche leisten können.
Die stehen auch
an der Krippe des Jesuskindes.
Die Frohe Botschaft,
dass Gott in diesem Kind
in die Welt gekommen ist,
gilt also nicht nur den Hirten,
sondern auch den Weisen,
den Klugen, den Magiern.
Denen, die, anders als die Hirten,
viel Aufmerksamkeit
und Bewunderung bekommen,
die über hinreichend Geldmittel verfügen,
die sich alles leisten können,
was ihr Herz begehrt.
Zu denen kommt Gott
auch in die Welt.
Denn auch denen gilt
die Botschaft des Engels auf dem Feld:
Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden.
Diese Botschaft gilt auch denen,
die über Macht verfügen,
die darüber bestimmen können,
ob Gas geliefert wird und Öl und Strom,
die Einfluss darauf haben,
ob die Aktienkurse an der Börse
steigen oder fallen,
die die Macht haben, Kriege zu beginnen
oder Kriege zu beenden, 
Waffen zu liefern oder Waffen nicht zu liefern.
Die sind auch gemeint,
wenn es um die Ehre Gottes
und um den Frieden in der Welt geht.

Die drei Könige stehen
an der Krippe Jesu.
    Wer noch? Fehlt noch jemand?
Auf Bildern und bei Darstellungen von Krippen
sieht man gelegentlich einen Engel.
Oft schwebt er über dem Stall
und ist von einem Strahlenkranz umgeben.
Ob es sich dabei um den Engel handelt,
der den Hirten die Frohe Botschaft gebracht hat,
ist nicht bekannt, aber sehr wohl denkbar.
Der Engel und mit ihm
die himmlischen Heerscharen
verkünden die zentrale Botschaft.
Ehre sei Gott in der Höhe
und Frieden auf Erden
und den Menschen ein Wohlgefallen.
So kennen wir
die vertraute Übersetzung von Martin Luther.
Wenn Menschen Gott die Ehre geben,
werden sie in Frieden leben
und es wird ihnen wohl ergehen,
sie werden Wohlgefallen haben.
Also der Friede auf Erden
ist nicht nur Gottes Sache,
sondern auch das Werk
von gutwilligen Menschen,
von Menschen, die in der Lage sind,
Kriege und Konflikte zu beenden,
nicht nur einen Waffenstillstand zu erreichen,
sondern nachhaltigen Frieden zu schaffen,
was mit Waffen und immer mehr Waffen
allein nicht möglich sein wird.
Das verkündet der Engel
und mit ihm die himmlischen Heerscharen.
Und darum gehört
der Engel auch an die Krippe.

    Wer gehört noch dorthin?

Es gab auch Menschen
und gibt sie bis heute,
die sich weigern, an die Krippe zu treten
und die Botschaft
und das Gebot vom Frieden zu hören,
die Kriegstreiber, die Ausbeuter,
‚die, die ganze Völker ins Elend stürzen,
die ihre Macht für eigene Zwecke missbrauchen.
Für sie, so hoffe und so glaube ich,
wird aus der Krippe Jesu
irgendwann der Richterstuhl Christi werden,
vor dem sie sich verantworten müssen.
So wie wir es
in unserem Glaubensbekenntnis sagen:
Er wird wiederkommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Wenn die Bibel von Gottes Gericht spricht,
 meint sie zweierlei:
Gottes Gericht heißt,
dass er den Benachteiligten Recht schaffen wird,
ihnen zu ihrem Recht verhelfen wird.
Und Gottes Gericht
heißt für die Kriegstreiber und Ausbeuter,
dass er sie bestrafen wird.
Wie, das wissen wir nicht,
denn das ist allein Gottes Sache.
Aber er wird sie bestrafen.
Das hoffe ich, und das glaube ich.
Sonst wäre mir das Elend,
das Menschen einander wissentlich
und vorsätzlich einander antun,
nicht erträglich.
Das Kind in der Krippe
ist eben nicht nur
das liebe kleine süße Jesulein
in seinem Krippelein
beim Öchslein und beim Eselein,
sondern auch Christus, der Weltenrichter.

    Und was ist mit uns?
Stehen wir auch an der Krippe Jesu?
Wir mit unserem Kummer
über einen geliebten Menschen,
den wir verloren haben?
Wir mit den Lasten unseres Alltags
in unserem Beruf und in unserer Familie?
Wir mit unseren besorgten Blicken
auf die Zukunft unserer Welt?
Stehen wir auch an der Krippe
oder sind wir unterwegs zur Krippe?

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Zeit

Wilhelm Niedernolte, Sup. i.R.

 
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