St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für den Ewigkeitssonntag / Totensonntag 26. November 2023

25.11.2023

Andacht für den Ewigkeitssonntag / Totensonntag
26. November 2023
und für die letzte Woche des Kirchenjahres 2022 / 2023
Verfasser:
Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte
(Eldagsen)
    

Matthäus 25,1-13:
Von den klugen und törichten Jungfrauen

Jesus sprach: Das Himmelreich
gleicht zehn Jungfrauen,
die ihre Lampen nahmen
und gingen hinaus,
dem Bräutigam entgegen.
Fünf aber von ihnen waren klug
und fünf töricht.
Die, welche töricht waren,
nahmen ihre Lampen
und nahmen kein Öl mit sich;
die Klugen aber
nahmen Öl in ihren Gefäßen
samt ihren Lampen.
Als aber der Bräutigam
auf sich warten ließ,
wurden sie alle schläfrig
und schliefen ein.
Um Mitternacht aber
entstand ein Geschrei:
Siehe, der Bräutigam!
Geht hinaus, ihm entgegen!
Da standen alle jene Jungfrauen auf
und machten ihre Lampen fertig.
Die törichten aber sprachen
zu den klugen:
Gebt uns von eurem Öl,
denn unsere Lampen verlöschen.
Die klugen aber antworteten
und sagten:
Nein, dann würde es
für uns und für euch
nicht genug sein;
geht lieber zum Kaufmann
und kauft für euch selbst.
Als sie aber hingingen, zu kaufen,
kam der Bräutigam,
und die bereit waren,
gingen mit ihm hinein zur Hochzeit;
und die Tür wurde verschlossen.
Später aber kamen
auch die übrigen Jungfrauen
und sagten:
Herr, Herr, tu uns auf!
Er aber antwortete und sprach:
Wahrlich, ich sage euch:
Ich kenne euch nicht.
So wacht nun,
denn ihr wisst
weder den Tag noch die Stunde.


Liebe Leserin, lieber Leser,
Die kahlen Bäume
strecken ihre nackten Äste
in den Novemberhimmel.
Auf dem Straßenpflaster
klebt das feuchte Laub.
Im trüben Licht dieser Tage
kreisen unsere Gedanken
um Sterben und Tod.
Den Totensonntag begehen wir
und denken an unsere Toten.
Den Ewigkeitssonntag begehen wir
und fragen über den Tod hinaus:
Was trägt uns wirklich?
Unser Leben ist endlich –
und was folgt?
Wen haben wir verloren in diesem Jahr?
An wessen Grab haben wir gestanden?
Für viele ist solches Erleben
noch ganz frisch,
die Trauer noch nicht
zur Ruhe gekommen.
    Doch nicht eine Beerdigung,
sondern eine Hochzeitsfeier
wird uns im Evangelium
des heutigen Sonntags
vor Augen gestellt.
Jesus erzählt ein Gleichnis
vom Reich der Himmel.
Und er fasst dieses Reich,
in dem aller Abstand
zwischen Gott und den Menschen
überwunden ist,
wie so oft
in das Bild einer Hochzeitsfeier.
Wie bei jedem gelungenen Fest
kommt es ganz besonders
auf die Vorbereitung an.
Die Rede ist von zehn jungen Frauen,
die im Haus der Braut
auf den Bräutigam warten.
Mit ihm zusammen
wollen sie die Braut
auf dem Weg
zum Haus des Bräutigams begleiten.
Dort wird das Hochzeitsfest stattfinden.
Festlich soll der Zug werden.
Nur diejenigen können mitgehen,
die eine brennende Fackel tragen.
    Der Bräutigam lässt auf sich warten,
aber die Fackeln brennen schon.
Allmählich ist das Öl
in den Gefäßen aufgebraucht.
Die einen haben vorgesorgt,
die anderen nicht.
Die einen können nachfüllen,
die andern schauen ins Leere.
Jetzt wäre Teilen angesagt.
Doch Teilen hilft hier nichts.
Wenn das Öl nicht für alle reicht,
würden beim Teilen
alle Fackeln zu kurz brennen.
Dann wären am Ende alle Fackeln finster,
bevor der Hochzeitszug am Ziel ist.
Das wäre ein schlechtes Zeichen,
ein böses Omen für die junge Ehe.
Es mag ja möglich sein,
fünftausend hungrige Münder zu sättigen,
indem man ein paar Brote
und einige Fische unter ihnen teilt.
Aber wo das Fest
erleuchtet werden soll,
hilft es nichts,
wenn alle Fackeln vor der Zeit
zum Erlöschen kommen.
Die klugen Jungfrauen haben Recht,
wenn sie nicht teilen.
Wer nicht vorgesorgt hat,
muss selbst für Nachschub sorgen.
    Natürlich stellen wir uns
schnell auf die Seite
der klugen Jungfrauen.
Wir wollen dazu gehören.
Wir sorgen rechtzeitig vor.
Wir wollen das Entscheidende
nicht verpassen.
Auch in Glaubensdingen soll das gelten.
    Unser Mitgefühl
mit den törichten Jungfrauen,
denen das Öl fehlt, ist nicht gespielt.
Wir kennen die Rolle.
Wie oft fehlt es uns am Öl.
Wir wollen brennen,
aber wir können nicht.
Wir sollen leuchten,
aber es will nicht gelingen.
Wir sollen andern den Weg zeigen,
aber kennen ihn selbst nicht.
Wir wissen, dass wir
besser auf die Ölvorräte
unseres Lebens achten müssen.
Wir brauchen Zeiten,
in denen wir wieder lernen,
die Hoffnung zu hüten
und mit dem Gott des Lebens
zu rechnen.
Diese Novembertage sind solche Zeiten.
Es sind Zeiten,
in denen wir an die denken,
deren Leben zu Ende ging.
Es sind Tage, an denen uns
die eigene Sterblichkeit bewusst wird.
    Wir brauchen die Novembertage,
die kahlen Bäume,
die nassen Blätter am Boden.
Es ist töricht, das Empfinden dieser Tage
durch voreiligen Weihnachtsglanz
zu überdecken. 
Nur wer die Erfahrung
der Endlichkeit aushält,
kann sich am Licht
des Gottesfriedens freuen.
Nur wer vor der Dunkelheit nicht flieht,
kann die Helle des Lichts schauen.
    Mitten im Leben
bin ich vom Tod umgeben.
Aber mitten im Tod weiß ich mich
vom Leben umfangen.
Denn der Bräutigam kommt.
In seinem Licht ist jeder Tag kostbar,
der uns geschenkt wird.
Der Tod lähmt nicht mehr.
Die Trauer bindet uns
nicht mehr die Hände.
Mit offenen Händen
nehmen wir unsere Tage
als kostbares Geschenk,
weil wir von ihrer Begrenztheit wissen.
    Dieser Sonntag stellt uns alle
vor die Vertrauensfrage.
Was ist unser wichtigster Halt
im Leben und im Sterben?
Dem Tod halte ich nur stand,
wenn ich mich auf eine Kraft verlasse,
die mir meine Lebens- und Todesangst
gemeinsam überwinden hilft.
Es geht um einen Glauben
auf Leben und Tod.
Meiner Angst vor dem Sterben
tritt ein Vertrauen auf Gott entgegen,
der mein ganzes Dasein,
mein Leben und mein Sterben
hält und trägt.
    Wohin der Tod auch kommt -
Gott ist immer schon da.
Und wo Gott ist, da ist das Leben.
Deshalb ist der Tod
kein „hoffnungsloser Fall“,
weil ich immer
in der Liebe Gottes geborgen bleibe.
Auch ohne mein Zutun.
Und so sind auch
unsere Verstorbenen durch Jesus Christus -
durch sein Sterben und Auferstehen -
in der selben Liebe Gottes geborgen,
die auch uns Lebende umfängt.
    Mag kommen, was will:
Gott wird bei uns sein:
mit seiner Hilfe,
auf die wir trauen können,
mit seiner Zusage,
in Christus verbürgt,
mit seinem Wort,
das nicht vergeht.
Aber dennoch:
Seid wachsam und bereitet euch
auch darauf vor.
Denn ihr wisst weder Zeit noch Stunde.

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.
Wilhelm Niedernolte

 
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