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Sieben Zitate von Kurt Marti zu „Karfreitag“ für die sieben Wochentage
Sieben Zitate von Kurt Marti
zu „Karfreitag“
für die sieben Wochentage
Der den Wein austeilt, muss Essig trinken.
Der die Hand nicht hebt zur Abwehr, wird geschlagen.
Der den Verlassenen sucht, wird verlassen.
Der nicht schreien macht, schreit überlaut.
Der die Wunde heilt, wird durchbohrt.
Der den Wurm rettet, wird zertreten.
Der nicht verfolgt, nicht verrät, wird ausgeliefert.
Der nicht schuld ist, der Unschuldige wird gequält.
Der lebendig macht, wird geschlachtet.
Der die Henker begnadigt, stirbt gnadenlos
Kurt Marti (1921 - 2017), Schweizer Pfarrer, Schriftsteller und Lyriker
Jesus starb für die Macht der Gerechtigkeit.
Jesus starb durch das Recht der Mächtigen.
Kurt Marti
Schöner Judas
da schwerblütig nun
und maßlos
die Sonne
ihren Untergang feiert
berührst du mein Herz
und ich denke dir nach
ach was war
dein EINER Verrat
gegen die VIELEN
der Christen der Kirchen
die dich verfluchen?
ich denke dir nach
und deiner tödlichen Trauer
die uns beschämt
Kurt Marti
Manchen bin ich einiges,
einigen bin ich vieles schuldig geblieben.
Und die Zeit läuft davon.
Wessen Liebe kann das noch gut machen?
Die meine nicht.
Nein, die meine nicht.
Kurt Marti
Und wie komme ich nun
über meinen Ichberg zu dir?
Kurt Marti
Zimmerer
zimmern
die Balken
und dann
den Zimmerer
an den Balken
und dann
den gebälkten Zimmerer
steil in den wind
Richtbaum aus flatterndem Atem
Richtbaum aus zuckendem Fleisch
Richtbaum
schreiend über
den Firsten der Welt.
Kurt Marti
Jesus
Mit einer Schar von Freunden (Freundinnen auch)
durch Galiläas Dörfer und Städte ziehend
hat er Kranke geheilt und Geschichten erzählt
von der Weltleidenschaft des ewigen Gottes
Privilegien der Klasse der Bildung galten ihm nichts
zu seinem Umgang zählten Tagelöhner und Zöllner
wo Mangel sich zeigte an Nahrung oder Getränk
teilte er Fische Brot und Wein aus für viele
die Gewalt von Gewalthabern verachtete er
Gewaltlosen hat er die Erde versprochen
sein Thema: die Zukunft Gottes auf Erden
das Ende von Menschenmacht über Menschen
in einer patriarchalischen Welt blieb er
der Sohn und ein Anwalt unmündiger Frauen und Kinder
wollten Galiläer ihn gar zum König erheben? Er aber
ging hinauf nach Jerusalem: direkt seinen Gegnern ins Garn
auf einem Jungesel kam er geritten - Kleinleute-Messias:
die Finger einer Halbweltdame vollzogen die Salbung an ihm ...
bald verwirrt bald euphorisch folgten ihm die Freunde die Jünger
um bei seiner Verhaftung ratlos unterzutauchen ins Dunkel
über sein Schweigen hin rollte der schnelle Prozess
ein Afrikaner schleppte für ihn den Balken zum Richtplatz hinaus
stundenlang hing er am Kreuz: Folter mit tödlichem Ausgang –
drei Tage später die nicht zu erwartende Wendung
anstatt sich verstummt zu verziehen ins bessere Jenseits
brach er von neuem auf in das grausame Diesseits
zum langen Marsch durch die Viellabyrinthe
der Völker der Kirchen und unserer Unheilsgeschichte
oft wandelt uns jetzt die Furcht an er könnte
sich lang schon verirrt und verlaufen haben
entmutigt verschollen für immer vielleicht - oder bricht er
noch einmal (wie einst an Ostern) den Bann?
und also erzählen wir weiter von ihm
die Geschichten seiner rebellischen Liebe
die uns aufwecken vom täglichen Tod –
und vor uns bleibt: was möglich wär' noch.
Kurt Marti
Hinweis:
Am 31. Januar 1921 ist Kurt Marti in Bern geboren
und wäre jetzt hundert Jahre alt geworden.
Er ist am 11. Februar 2017 verstorben.