St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht über das Evangelium vom Ostersonntag für die Woche 9.4. bis 15.4.2023

08.04.2023

Andacht über das Evangelium vom Ostersonntag
für die Woche
9.4. bis 15.4.2023

Verfasser: Pfarrer in Ruhe Jürgen-Peter Lesch
(
Springe – früher Pfarrer der EKD in Hannover)

Drei Frauen am leeren Grab
„Da flohen die Frauen von dem Grab
und liefen davon.
Sie zitterten vor Angst
und sagten niemandem etwas;
so sehr fürchteten sie sich.“
So enden im Evangelium nach Markus
nicht nur die Erzählungen
über das Geschehen zu Ostern in Jerusalem,
sondern zugleich das gesamte Evangelium.
Frauen, die vor Angst zittern
und sich so sehr fürchten,
dass sie sprachlos werden.
Das passt so gar nicht
zur Osterfreude über die Auferstehung
von Jesus Christus.
Und es passt überhaupt nicht
zu den drei Frauen,
von denen dort gesprochen wird:
Maria aus Magdala,
Maria, die Mutter des Jakobus,
und Salome waren alles andere
als schreckhafte und furchtsame Wesen.
Sie hatten zusammen
mit vielen anderen Frauen
Jesus auf seinem Weg aus Galiläa
hinauf nach Jerusalem begleitet.
Sie waren bei ihm gewesen
und hatten für ihn gesorgt.
Dann hatten sie
die Kreuzigung miterlebt.
Sie hatten gesehen,
wie Jesus unter dem Spott der Menge
aus dem Palast des Pilatus
hinauf nach Golgota
geschleppt worden war.
Sie hatten es mit angesehen
und konnten die Augen nicht abwenden,
als er am Kreuz hochgezogen wurde.
Sie hatten seine Schreie gehört
und mit ansehen müssen,
wie er unter Qualen starb.
Von den Jüngern
hören wir dagegen nicht viel.
Die meisten waren geflohen.
   
Was also war der Grund,
dass diese Frauen in Angst und Schrecken
versetzt worden sind?
Lesen wir den gesamten Abschnitt:

Als der Sabbat vorbei war,
kauften Maria aus Magdala,
Maria, die Mutter von Jakobus,
und Salome wohlriechende Öle.

Sie wollten die Totensalbung
am Leichnam von Jesus vornehmen.
Ganz früh am ersten Wochentag
kamen sie zum Grab.
Die Sonne ging gerade auf.
Unterwegs fragten sie sich:
„Wer kann uns den Stein
vom Grabeingang wegrollen?“
Doch als sie zum Grab aufblickten,
sahen sie, dass der große,
schwere Stein schon weggerollt war.

Sie gingen in die Grabkammer hinein.
Dort sahen sie einen jungen Mann.
Er saß auf der rechten Seite
und trug ein weißes Gewand.
Die Frauen erschraken sehr.

Aber er sagte zu ihnen:
„Ihr braucht nicht zu erschrecken!
Ihr sucht Jesus aus Nazaret,
der gekreuzigt wurde.
Gott hat ihn von den Toten auferweckt,
er ist nicht hier.
Seht: Hier ist die Stelle,
wo sie ihn hingelegt hatten.
Macht euch auf!
Sagt seinen Jüngern,
besonders Petrus:
Jesus geht euch
nach Galiläa voraus.
Dort werdet ihr ihn sehen,
wie er es euch gesagt hat.“
Da flohen die Frauen von dem Grab
und liefen davon.
Sie zitterten vor Angst
und sagten niemandem etwas;
so sehr fürchteten sie sich.

(Evangelium nach Markus, Kap 16, 1-8)

Die Frauen hatten es
wohl kommen sehen:
Es würde nicht gut ausgehen
mit diesem Wanderprediger
Jesus aus Nazareth.
Sie hatten ihn begleitet,
weil er sie überzeugt hatte
mit seiner Botschaft
von einem anderen Zusammenleben
der Menschen.
Sie hatten die Worte noch im Ohr:
Glückselig sind die, die wissen,
dass sie vor Gott arm sind.
Denn ihnen gehört das Himmelreich.
Glückselig sind die, die trauern.
Denn sie werden getröstet werden.

Glückselig sind die,
die von Herzen freundlich sind.
Denn sie werden
die Erde als Erbe erhalten.
Glückselig sind die,
die hungern und dürsten
nach der Gerechtigkeit.
Denn sie werden satt werden.
Glückselig sind die,
die barmherzig sind.
Denn sie werden barmherzig
behandelt werden.
Glückselig sind die,
die ein reines Herz haben.
Denn sie werden Gott sehen.
Glückselig sind die,
die Frieden stiften.
Denn sie werden
Kinder Gottes heißen.
Glückselig sind die,
die verfolgt werden,
weil sie für Gottes Gerechtigkeit
eintreten.
Denn ihnen gehört das Himmelreich.

Das konnte nicht gut gehen.
Diese Botschaften brachten viele Menschen
gegen Jesus auf.
Und so war es eigentlich nur konsequent,
dass sein Leben mit seiner Verhaftung,
dem Prozess, dem Spott
und schließlich der Hinrichtung endete.
Gewalt, Ungerechtigkeit, Verleumdung, Spott
und nicht der kleinste Versuch, zu verstehen,
was diese Botschaft bewirken konnte.
Ja, die Frauen hatten
mit der Verurteilung und Hinrichtung
durch die Mächtigen gerechnet.
Das kannten sie.
So hatten sie noch am Sabbatabend
die wohlriechenden Öle gekauft.
Und sehr früh am Morgen
des ersten Tages der Woche
waren sie furchtlos und entschlossen
zum Grab gegangen,
um den Leichnam zu salben.
Es sollte ein letzter Dienst an Jesus sein.
    Doch dann sehen die Frauen etwas,
was sie völlig durcheinanderbringt.
Sie erschrecken.
Das Grab ist leer –
nein, das stimmt nicht.
Da sitzt auf der rechten Seite
ein junger Mann in einem weißen Gewand.
Ein Engel vielleicht?
Wir wissen es nicht.
Er erklärt ihnen,
warum Jesus aus Nazaret
nicht mehr im Grab liegt.
Gott hat ihn auferweckt von den Toten.
Dass Jesus auferstehen sollte,
hatten die Frauen mehrmals gehört.
Aber jetzt ist es wahr geworden.
Und nicht nur das.
Die Frauen bekommen einen Auftrag.
Sie sollen den Jüngern,
vor allen anderen Petrus, sagen,
dass der auferstandene Jesus
ihnen nach Galiläa vorausgehen wird.
Nach Galiläa!
Dort, wo ihr Weg mit Jesus
begonnen hatte.
Also alles auf Anfang?
Nein!
Jesus ist auferweckt worden.
Das übliche Spiel
von Unterdrückung und Aufbegehren
ist unterbrochen worden.
Gott hat eingegriffen.
Das ist es,
was die Frauen vor Angst zittern lässt.
Und jetzt fürchten sie sich wirklich.
Sie haben nicht damit gerechnet,
dass Gott eingreift.
Und so schweigen sie zunächst.
    Rechnen wir damit,
dass Gott eingreift?
Dass er eingreift in unser Spiel
von Macht und Gewalt,
Unterdrückung und Unterwerfung,
Ungerechtigkeit und Rücksichtslosigkeit?
Unser Spiel, nach Wegen zu suchen
und dann gleich wieder gesagt zu bekommen,
dass diese Wege falsch sind.
Kein konstruktives Miteinander,
keine kritische Solidarität,
sondern alles für falsch erklären,
was der „Gegner“ sagt.
Wir wissen,
so werden wir nicht weiterkommen.
Und doch können wir
offenbar nicht damit aufhören.
    Greift Gott ein?
Das können wir nicht sehen.
Doch wir sehen und erleben,
dass Menschen dieses Spiel
nicht mitspielen.
Dass sie nicht alles
einfach weiterlaufen lassen,
sondern eingreifen.
Da fährt zum achten Mal
ein Hilfstransport aus Springe
zur polnisch-ukrainischen Grenze.
Ein Militärpfarrer
sorgt für den Weitertransport
zu den Menschen,
die diese Güter brauchen.
Da gibt es seit zehn Jahren
den Nachbarschaftsladen in Springe.
Dazu gehört u.a. eine Sozialbörse.
Menschen können sich
im geschützten Rahmen
auf nachbarschaftlicher Ebene austauschen
und es wird nachbarschaftliche Hilfe angeboten.
Da gibt es in Springe eine Tafel.
Sie hilft, den Lebensmittel-Überfluss
unserer Gesellschaft
an Menschen weiterzugeben,
die wirtschaftliche Schwierigkeiten haben.
Es gibt einen Hospizverein,
ein Dorfkulturerbe in Altenhagen I
und – nicht zu vergessen –
Pfadfinderinnen und Pfadfinder.
Das sind nur einige Beispiele dafür,
wie Menschen sich für andere
und auch für die Schöpfung einsetzen.
Dazu kommen die vielen Hilfen
in Heimen, Kitas und Schulen,
Krankenhäusern und Arztpraxen,
um nur einige Beispiele zu nennen.
Und es gibt sie überall:
Die nachbarschaftlichen Hilfen,
die nicht an die große Glocke
gehängt werden.
Menschen helfen einander,
trösten einander, sind füreinander da.
    Ostern heißt,
dass wir mit Gottes Eingreifen
rechnen können.
Es ist kein Eingreifen
mit Macht oder Gewalt,
sondern oft versteckt,
kaum zu erkennen
und doch wirksam und heilsam.

Ich wünsche Ihnen allen
ein gesegnetes Osterfest.
Ich wünsche Ihnen
offene Augen und Ohren
für Gottes hilfreiches
und heilsames Eingreifen
in unserem Leben
Jürgen-Peter Lesch

 
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