St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 27.Juni bis 3.Juli 2021

28.06.2021

Andacht für die Woche vom 27.Juni bis 3.Juli 2021
über den Wochenpsalm am 4. Sonntag nach Trinitatis

Ps. 42,2-6

Verfasser:  Superintendent in Ruhe Jürgen Flohr
(Springe – früher Syke)


Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser,

so schreit meine Seele, Gott, zu dir.

Meine Seele dürstet nach Gott,

nach dem lebendigen Gott.

Wann werde ich dahin kommen,

dass ich Gottes Angesicht schaue?

Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht,

weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott?

Daran will ich denken

und ausschütten mein Herz bei mir selbst:

wie ich einherzog in großer Schar,

mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes

mit Frohlocken und Danken

in der Schar derer, die da feiern.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,

dass er mir hilft mit seinem Angesicht.

 

Liebe Lesende!

Einige Gedanken des Psalm-Beters im alten Israel
werden manchen von uns Heutigen vertraut sein:
Nämlich, dass er Gott anruft,
ja zu ihm schreit wie ein durstiger Hirsch
und darum bittet, Gott möge sich ihm zeigen,
er solle dem Beter oder der Beterin erscheinen,
dass sie ihres Glaubens,
ihres Vertrauens auf Gott gewiss werden
und sich darauf stützen
und verlassen können.
     Denn dauernd bezweifeln
 und bestreiten die Leute um sie herum,
dass es diesen Gott überhaupt gibt,
und sie fragen spöttisch:
Wo ist er denn, dein Gott?
Zeige und beweise uns doch,
dass er da ist!

     Das kennen wir doch gut
‚auch aus unseren heutigen Tagen,
dass Menschen die Existenz Gottes anfragen
oder direkt bestreiten und etwa sagen:

„Was tut er denn, euer Gott?
Wo hilft er dir oder anderen Menschen?“
-
bis hin zur grundsätzlichen Frage
nach der Gerechtigkeit Gottes,
nach seiner Liebe,
nach seinem Wirken ganz allgemein.
Wieso lässt Gott
die vielen Bosheiten und Gemeinheiten
von Menschen gegen andere Menschen geschehen
oder die Naturkatastrophen oder die Kriege? -
wenn er doch ein Gott der Macht
und der Liebe sein soll?

So fragen Zeitgenossen
und machen uns unsicher
in unserem Vertrauen
auf Gottes Menschenfreundlichkeit.
Was erwidern wir darauf?

     Der Psalmist erinnert sich
an die großen Prozessionen
zum Tempel in Jerusalem,
bei denen die Hinaufziehenden ihren Glauben zeigten
und feierten mit Glaubens- und Dankliedern
und wo man sich gegenseitig bestärkte
im gemeinsamen Glauben.

     Auch uns tut es doch gut,
wenn wir mit anderen Menschen zusammen
unseren Glauben feiern können
in schönen großen Gottesdiensten,
bei begeisternden Kirchentagen
oder in fröhlichen Familienfeiern
wie Hochzeiten oder Taufen.
Auch tröstende Trauergottesdienste
können uns Halt geben
in schweren Lebenslagen
beim Abschied von lieben Meschen.
     Gerade sie aber zeigen auch,
dass das Vertrauen auf Gott
keine bloße Schönwetter-Veranstaltung ist,
nicht nur ein farbige Blumengirlande
um eine sorgloses Sonntagsgefühl.

     Sondern wir brauchen den Vater im Himmel
gerade dann nötig,
wenn es uns nicht gut geht,
wenn wir Sorgen und Zweifel haben,
wenn unsere Seele unruhig ist
und wenn trübe Gedanken sich breit machen.
Wir brauchen den festen Halt
im Vertrauen auf Gott,
wenn wir uns
wie jene Kritiker des Glaubens fragen,
warum es soviel Leid gibt auf Erden
und Not und Elend?
Denn solche Gedanken
werden auch uns ja nicht fremd sein.

     Doch auch dies alles
können wir Gott sagen im Gebet,
können fragen und klagen und zweifeln
und es Gott vortragen
und ihn um Halt und um Hilfe bitten,
wenn wir nicht mehr weiter wissen.
Gerade dann gilt es,
dies alles Gott vorzulegen
und seinen Beistand zu erbitten.
Und es gilt, auf Jesus zu schauen,
der uns das Vertrauen auf Gott  gelehrt
und vorgelebt hat
an schönen wie an dunklen Tagen
und bis ans Ende.

Wenn wir uns so an Jesus halten
und mit ihm dem himmlischen Vater vertrauen
in Freude und Leid,
dann können wir am Ende
wie der Psalmist singen:

„Harre auf Gott;
denn ich werde ihm noch danken,
dass er mir hilft.“

„Harren“ heißt wohl soviel wie „Geduldig warten“,
wenn es uns schlecht geht,
aber auch, wenn es uns gut geht.
Das wollen wir immer wieder neu versuchen
und gleichzeitig dort Liebe verwirklichen,
wo wir es vermögen.

Dazu helfe uns Gott!


Jürgen Flohr

 
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