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Andacht für die Woche vom 29. Januar bis 4. Februar 2023

28.01.2023

Andacht für die Woche
vom 29. Januar bis 4. Februar 2023
zum Wochenlied
„ Herr Christ, der einig Gotts Sohn“ (EG 67)
Verfasser: Superintendent in Ruhe
Jürgen Flohr (Springe – früher Syke)


1. Herr Christ, der einig Gotts Sohn,
Vaters in Ewigkeit,
aus seim Herzen entsprossen,
gleichwie geschrieben steht,

er ist der Morgensterne,
sein Glänzen streckt er ferne
vor andern Sternen klar;

2. für uns ein Mensch geboren
im letzten Teil der Zeit,

dass wir nicht wärn verloren
vor Gott in Ewigkeit,

den Tod für uns zerbrochen,
den Himmel aufgeschlossen,

das Leben wiederbracht:

3. Lass uns in deiner Liebe
und Kenntnis nehmen zu,

dass wir am Glauben bleiben,
dir dienen im Geist so,

dass wir hier mögen schmecken
dein Süßigkeit im Herzen

und dürsten stets nach dir.


  1. Du Schöpfer aller Dinge,
    du väterliche Kraft,

regierst von End zu Ende
kräftig aus eigner Macht.

Das Herz uns zu dir wende
und kehr ab unsre Sinne,

dass sie nicht irrn von dir.


  1. Ertöt uns durch dein Güte,
    erweck uns durch dein Gnad.

Den alten Menschen kränke,
dass der neu' leben mag

und hier auf dieser Erden
den Sinn und alls Begehren

und G' danken hab zu dir.

 

Liebe Lesende,

Unser Wochenlied
stammt aus der Reformationszeit
(es ist entstanden im Jahr 1524)
und wurde verfasst
von Elisabeth Cruziger, geb. von Mesewitz.
Sie war als Adlige ins Kloster eingetreten

und dann von Johann Bugenhagen,
dem Freund und Kollegen
von Martin Luther in Wittenberg,
mit der Reformation
bekannt gemacht worden.

Elisabeth von Mesewitz heiratete 1524
als frühere Nonne
den Magdeburger Prediger Caspar Cruziger,
der später ebenfalls Professor in Wittenberg
und Kollege Luthers wurde.

Im Jahr ihrer Heirat
dichtete Elisabeth Creuziger
dieses Lied voller Begeisterung
für den durch die Reformation
neu belebten christlichen Glauben
und wurde so
die erste Liederdichterin der evangelischen Kirche.

    Das Lied ist in einer für unsere Ohren
teilweise ungewohnten Sprache verfasst.

Es finden sich fremde Begriffe darin
wie „Herr Christ, der einig Gotts Sohn“,
was wohl sagen soll, dass Christus
der einzige eingeborene Sohn Gottes ist.

Oder in der dritten Strophe
wird Christus gebeten,
er „möge uns schmecken lassen
sein Süßigkeit im Herzen.“
Das heißt wohl,
dass es schön und erfreulich ist,
wenn Christus in unsere Herzen einzieht,
wir also von seinem Geist erfüllt werden.

In Strophe 5 wird dann Gott gebeten,
er mög „den alten Menschen kränken,
dass der neu' leben mag“.
Dies verstehe ich so:
Gott solle das alte,
von der Sünde beherrschte Ich
in uns zurückdrängen,
damit unser neues von Glaube
und Liebe erfülltes Ich
Platz greifen
und uns zu einem erneuerten Leben
führen kann.

    Trotz solcher etwas fremden Begriffe
und sprachlichen Wendungen
spüren wir dem Lied
die Begeisterung der Verfasserin
für Christus
und für den neu gewordenen
christlichen Glauben an.
Sie ist erfüllt vom Vertrauen auf Gott,
der uns Jesus Christus
zu unserer Rettung gesandt hat;
und nun bittet sie den Vater im Himmel,
auch uns in ein neues Leben zu führen,
das von Liebe erfüllt sein soll.

    Wenn wir die einzelnen Strophen durchgehen,
so singt die 1. Strophe von Christus,
der Gottes Sohn und mit Gott eins ist.
Er ist aus Gottes Herzen entsprossen ,
er glänzt wie der Morgenstern
und überstrahlt so alle anderen Sterne.

    Die 2. Strophe
erzählt davon,
dass Christus als Mensch für uns geboren ist.
Um uns zu retten,
hat er den Tod besiegt,
den Himmel aufgeschlossen
und das Leben erneuert.

    Die 3. Strophe
beginnt mit einer Bitte an Christus,
er möge uns teilhaben lassen
an seiner Liebe und Erkenntnis,
damit wir „im Glauben bleiben“,
Christus dienen
und ihn gern
in unsere Herzen aufnehmen.

    Die 4. Strophe
spricht dann Gott an;
sie besingt seine umfassende Macht
und bittet ihn, er möge dafür sorgen,
dass unsere Herzen
sich Ihm zuwenden
und sich nicht auf Irrwege begeben.

     Die 5. Strophe
dann spricht vom alten
und vom neu gewordenen Menschen.
Das alte Ich wurde von der Sünde beherrscht;
nun soll es neu werden
und neu leben durch Gottes Gnade
und der ganze Mensch
soll sich ausrichten auf Gottes Willen.

    Das Lied von Elisabeth Cruziger
singt also, passend zur Epiphaniaszeit,
vom Erscheinen Jesu Christi
unter uns Menschen und davon,
was dieser Einbruch Gottes
in unsere irdische Wirklichkeit für uns
und unser Leben bedeutet: 
Dass nämlich Gott uns Menschen
nicht uns selbst
und unseren Fehlern überlässt.
Sondern er hat seinen Christus
unter uns erscheinen lassen,
damit wir seine väterliche Liebe
erkennen und spüren. 
Und dann sollen wir
diese Liebe untereinander weitergeben,
so gut wir es vermögen mit Gottes Hilfe.
Das ist die Botschaft des alten Liedes,
und sie ist keineswegs veraltet,
sondern hochaktuell
auch in unseren Tagen;
denn wo überall fehlt es an Liebe
unter uns Menschen?
Und wie gut wäre es,
wenn wir alle liebevoller
miteinander umgingen,
sowohl im persönlichen Bereich
als auch im gesellschaftlichen
und politischen!
    Gesungen wird das Lied
zu einer einfachen,
aber sehr gut singbaren
und ausdrucksstarken Melodie,
die den Text schön unterstreicht.

 

Jürgen Flohr

 
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