St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für die Woche vom 13. Februar bis 19. Februar 2022

18.02.2022

Andacht für die Woche
vom 13. Februar bis 19. Februar 2022
über den Psalm des Sonntags Septugesimae
Palm 31 in Auswahl

Verfasser: Superintendent in Ruhe Wilhelm Niedernolte (Eldagsen)


Herr, auf dich traue ich,
lass mich nimmermehr zuschanden werden,
errette mich durch deine Gerechtigkeit!
Neige deine Ohren zu mir,
hilf mir eilends!
Sei mir ein starker Fels und eine Burg,
dass du mir helfest!
Du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
aus Psalm 31

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Sänger des Psalms besingt sein Gottvertrauen.
Herr, auf dich traue ich.
Auch heute leben Menschen
von ihrem Gottvertrauen.
Ich lebe auch davon.
Zwar vertraue ich auch mir selbst,
meinen Fähigkeiten und meinen Erfahrungen.
Aber damit ich mein Leben
bestehen und gestalten kann,
brauche ich beides,
Gottvertrauen und Selbstvertrauen,
wobei ich nicht genau sagen kann,
wieviel Gottvertrauen und wieviel Selbstvertrauen
dabei zusammenkommen.
Für den Psalmsänger ist das Gottvertrauen
wie ein starker Fels,
wie ein Fels in der Brandung,
wie eine Burg, in der er Schutz findet,
wenn Gefahr droht.

     Doch nicht nur sein Vertrauen
steht in Gottes Hand,
sondern auch seine Zeit.
Meine Zeit steht in deinen Händen sagt er.
Der Dichter dieses Psalms
formuliert eine Erfahrung,
die Menschen auch heute noch
machen können und machen müssen:
Die Erfahrung der Unverfügbarkeit:
Zwar lernen wir,
über unsere Zeit und unser Leben zu verfügen,
Entscheidungen zu treffen,
Verantwortung zu übernehmen –
für uns selbst und andere Menschen,
Das ist manchmal mühsam,
aber unumgänglich,
damit wir mit den Dingen,
die uns zur Verfügung stehen,
angemessen umgehen können.

Und neben dieser Notwendigkeit,
über unsere Zeit zu verfügen,
steht die Erfahrung der Unverfügbarkeit.
Wir haben über den Beginn unseres Lebens
nicht verfügt,
ebensowenig wie wir
über unser Ende verfügen können.
Der Psalmdichter wendet sich
mit dieser Erfahrung an Gott,
wenn er sagt:
Meine Zeit steht in deinen Händen, Gott. 
Das macht seine Erfahrung
nicht weniger beschwerlich,
aber er weiß seine Zeit
eingebettet in die Zeit Gottes.
Daher kommt sein Leben,
dahin kehrt es zurück.
Dieser Glaube an die Zeit Gottes
gibt ihm seine Richtung,
seine Orientierung.
Die Zeit zwischen Anfang und Ende
ist allerdings seine Zeit.
Meine Zeit steht auch in meinen Händen -
so muss man diesen Vers
sinnvoller Weise ergänzen.

     Aber nicht nur steht
meine Zeit in Gottes Händen,
meine Füße stehen auch auf weitem Raum.
Du stellst meine Füße auf weiten Raum.  
Der weite Raum –
was bewirkt er bei Menschen:
Neugier, Sehnsucht, Freiheit?
Oder Bedrohung, Untergang,
Verloren-Gehen?

Für uns als Christen ist entscheidend,
dass Gott uns in den weiten Raum gestellt hat:
er traut uns zu,
dass wir diesen weiten –
faszinierenden und erschreckenden  -
Raum durchschreiten, aber auch,
dass wir unseren Weg
vor ihm verantworten müssen.
Gott hat uns in den weiten Raum gestellt –
gehen müssen wir;
und ihm und uns
Auskunft und Rechenschaft
geben müssen wir ,
darüber etwa,
was wir mit unserem Geld
und dem Geld anderer
Sinnvolles getan haben,
ob wir es genutzt haben,
um unser Leben zu genießen
und unseren Kindern
einen guten Start zu ermöglichen 
oder ob wir dazu beigetragen haben,
dass die ungerechte Verteilung des Geldes
verstärkt wurde.
     Du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Alle unsere Räume sind jedoch
noch beengte Räume
gegenüber dem weiten Raum,
der am Ende unserer Zeit
auf uns wartet,
von dem Gerhard Tersteegen dichtet:
Ein Tag, der sagt dem andern,
mein Leben sei ein Wandern
zur großen Ewigkeit.
O Ewigkeit, so schöne,
mein Herz an dich gewöhne,
mein Heim ist nicht in dieser Zeit.
Wird dieser weite Raum
faszinierend oder beängstigend sein?
Ich weiß es nicht.
Aber ich habe Menschen kennen gelernt,
die nach einem erfüllten Leben
und im Vertrauen auf Gott
auch diesen Raum
unter die Füße genommen haben.
Tersteegen lädt mich
mit seinem Lied dazu ein,
mein ganzes Leben –
alle kleinen und großen Räume,
alles Bemerkenswerte
und Aufbewahrenswerte,
aber auch  das viele Bedeutungslose – 
zu verstehen als Unterwegs sein
zu diesem Raum,
zur großen Ewigkeit.
Dadurch wird dieses Leben
keineswegs bedeutungslos,
aber es hilft mir,
 mich richtig einzuschätzen,
denn: mein Heim,
meine Heimat ist nicht in dieser Zeit.
     Einstweilen aber ist es doch noch so,
und es möge eine Weile
auch noch so bleiben.
Mein Heim ist noch in dieser Zeit.
Vertrauen wir darauf,
dass Gott unsere Füße
in diesen Raum gestellt hat,
in diese Zeit, bei diesen Menschen.
Wandern wir aber auch so,
dass wir den großen Raum der Ewigkeit
nicht verfehlen.
Dann werden wir überrascht sein,
wie unser Weg verläuft,
manchmal geradeaus,
 manchmal über Umwege,
oft auf ausgetretenen Pfaden,
manchmal durch völlig unbekanntes Gelände.

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.
Wilhelm Niedernolte

 
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