St. Vincenz zu Altenhagen I

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Andacht für den Zeitraum vom 31. Juli bis 20. August 2022

02.08.2022

Andacht für den Zeitraum
vom 31. Juli bis 20. August 2022
über das Wochenlied für den 7. Sonntag nach Trinitatis

EG 320 „Nun lasst uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren“

Verfasser: Superintendent in Ruhe
Christian Klatt (Springe)


„Nun lasst uns Gott dem Herren
Dank sagen und ihn ehren
für alle seine Gaben,
die wir empfangen haben.“

Das ist eins von den beiden Wochenliedern
für den 7. Sonntag nach Trinitatis.
Es ist ein Klassiker in unserem Gesangbuch
und wird in unseren Gottesdiensten,
obwohl schon rund 450 Jahre alt,
immer noch gern und oft angestimmt.
Es lässt sich auch gut singen:
eine ruhige, gleichmäßige,
und durch den häufigen Wechsel der Notenwerte
dennoch lebendig gestaltete Melodie.
Auch Paul Gerhardt hat zwei seiner Lieder
zu der schon damals
beliebten Melodie geschrieben
(im EG Nr. 58 und Nr. 446).
Der bei unserem Wochenlied
mit abgedruckte vierstimmige Satz
von Johann Crüger
gehört nach wie vor
zum klassischen Repertoire
unserer Kirchenchöre.

   Ludwig Helmbold,
Theologe und Pädagoge
in der thüringischen Reichsstadt Mühlhausen,
ruft uns mit diesem Lied
zum dankbaren Lobpreis Gottes auf.
In den beiden nächsten Strophen
entfaltet er,
was in der ersten Strophe
mit „alle seine Gaben“
schon angeklungen war:
   „Den Leib, die Seel, das Leben
hat er allein uns geben;

dieselben zu bewahren,
tut er nie etwas sparen.“

   „Nahrung gibt er dem Leibe;
die Seele muß auch bleiben,

wiewohl tödliche Wunden
sind kommen von der Sünden.“

Gott schenkt uns Leben und Gesundheit
und sorgt reichlich für unser leibliches Wohl.
Gerade jetzt,
wo uns manche Einschränkungen abgenötigt werden,
wollen wir das nicht vergessen!
Und auch unsere Seele,
die oft tief („tödlich“!) verletzt ist
durch eigene oder fremde Schuld,
bleibt umfangen von seiner Gnade.

Die nächsten drei Strophen
richten dann den Blick auf Jesus Christus,
der uns die Wohltaten Gottes
glaubhaft bezeugt hat:

„Ein Arzt ist uns gegeben,
der selber ist das Leben;

Christus, für uns gestorben,
der hat das Heil erworben.“

   „Sein Wort, sein Tauf, sein Nachtmahl
dient wider alles Unheil;

der Heilig Geist im Glauben
lehrt uns darauf vertrauen.“

   „Durch ihn ist uns vergeben
die Sünd, geschenkt das Leben.

Im Himmel solln wir haben,
o Gott, wie große Gaben!“

Jesus selber hat sich
in der Rolle eines Arztes gesehen (Mt. 9,12),
dem das Wohl seiner Kranken
am Herzen liegt.
Sein Tod am Kreuz ist ein letzter Beweis
seiner selbstlosen Hingabe.
Was er uns durch sein Wort
und durch seine Sakramente
hinterlassen hat,
„dient wider alles Unheil.“
Der Liederdichter vermeidet das Wort „schützt!“
Wir sind als Christenmenschen
keineswegs gegen alles Unheil geschützt.
Das hatte Ludwig Helmbold
während seiner Jahre in Erfurt
zur Genüge erfahren,
wo die Pest innerhalb kurzer Zeit
mehrere tausend Todesopfer gefordert hatte.
Aber der Glaube,
der uns durch den Heiligen Geist geschenkt wird,
„dient wider alles Unheil“,
weil er uns Kraft und Zuversicht gibt.
Erst recht, wenn wir dessen eingedenk sind,
was uns „im Himmel“,
also nach dieser Zeit, bei Gott erwartet.

   Das Lied endet dann
mit zwei Gebetsstrophen:
„Wir bitten deine Güte,
wollst uns hinfort behüten,

uns Große mit den Kleinen;
du kannst’s nicht böse meinen.“

Wahrlich ein schlichtes,
aber umfassendes Gebet für jeden Tag!

   Mit der letzten Strophe
setzt Ludwig Helmbold
noch einmal einen starken Akzent:
zwei kurze Gebetsrufe,
die aber Wesentliches zur Sprache bringen
und dann noch einmal
den Bogen zur ersten Strophe schlagen,
zum Lobpreis Gottes:

„Erhalt uns in der Wahrheit,
gib ewigliche Freiheit,

zu preisen deinen Namen
durch Jesus Christus. Amen.“

Wahrheit und Freiheit –
zwei hohe Ideale,
die in unserer Welt oft verdunkelt sind
oder gar mit Füßen getreten werden.
Jesus aber hatte denen,
die an ihn glauben, versprochen:
„Ihr werdet die Wahrheit erkennen,
und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh. 8, 32).
Daran knüpft der Liederdichter an
und lädt uns ein,
dass wir uns mit diesen Gebetsrufen
Gott anvertrauen.

   Übrigens hat schon Johann Sebastian Bach,
der selber als junger Organist
zwei Jahre in Mühlhausen gelebt hat,
den hohen Wert dieser Liedstrophe erkannt
und mit ihr
eine seiner Kantaten
zum Reformationstag beendet.

   Ja, ich finde,
dies ist eins von den wirklich wertvollen Liedern
in unserem Gesangbuch.
Möge es uns in diesen schwierigen
und sorgenvollen Zeiten ermutigen,
dass wir uns in aller Ratlosigkeit
und Not Gott zuwenden
und im Vertrauen auf ihn
dankbar unseren Weg gehen.

 

Christian Klatt

 
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